Christine („Christl“) Lang (geb. 1891) arbeitete im Hut-Salon ihrer gut situierten Adoptiveltern in Wien. Sie war mit dem Architekten Leopold („Olly“) Wolf (geb. 1891) verlobt, der Anfang 1915 als Reserveoffizier der Artillerie in Polen stationiert war. Im folgenden Brief reagierte Leopold Wolf sehr vehement auf die offenbar erhaltenen Beanstandungen seiner Braut – sowie seiner Eltern -, er würde zu selten schreiben und auch betreffend der Inhalte seiner Briefe (die von Zensur und Kriegsbedingungen bestimmt waren). Solche Themen wurden in Feldpost häufig verhandelt und haben Unsicherheiten und Konflikte evoziert. Deutlich wird an der Korrespondenz des Paares zudem, dass – wegen der langen Beförderungszeiten – eine gegenseitig bezugnehmende Brief-Kommunikation unmöglich war.
Brief von Leopold Wolf an die Verlobte Christl Lang
21.III.15.
Liebste Christl!
Ich schreib Dir heute schon den zweiten Brief, denn der erste geht nicht ab, da er sicher nicht zu den schönsten gehört hätte, die ich Dir geschrieben. Dein letzter Brief hat mir – nun sagen wir: gar keine Freude gemacht. Ich schäme mich heut, wie garstig ich heut die Zeilen aufgenommen denn ich war nicht wenig erregt, und wollte –. Ich beherrschte mich aber, etwas Unwürdiges zu tun, und will nun diese Gedankensünden dadurch sühnen indem ich sie Dir gestehe. – Gestern habe ich eine Karte an Dich und Mama abgesendet, aus der Du siehst daß ich auf eine Unmenge Post ein Monat lang warten mußte. Wenn auch hier der Grund bekannt ist, warum sie solang nicht kam, weißt Du natürlich nicht weshalb solange keine Post an Deine Adresse gelangte. Aber auf alle Fälle werde ich verurteilt! Wenn es Euch Friedensleutchen wirklich nur Continue reading