Monthly Archives: April 2017

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 102: Feldpost von Maria E., 21. und 27. April 1917 aus der Steiermark nach Ljubliana

NL 174 Handschrift Maria EDie Steirerin Maria E. (geb. 1890) war mit dem Juristen Adolf E. verheiratet. Er war 1917 in der Peterskaserne in Ljubliana/Laibach stationiert. Maria E.s war 1913, 1914 und 1915 Mutter geworden, 1917 erwartete sie ihr viertes Kind. In den Briefen an den Ehemann berichtete die 26-Jährige ausführlich von der Organisation des Haushalts und der Erziehung der Kinder, bei der sie Unterstützung von einem Dienstmädchen, ihrer Mutter und ihrer jüngeren Schwester hatte. Im Zusammenhang mit den kleinen Söhnen kommt auch wiederholt die Uniform des Vaters zur Sprache, die die Buben offenbar nachhaltig beschäftigt hat. Aus den Schilderungen der Ereignisse in der Umgebung geht u.a. ein selbsstverständlicher Umgang mit Kriegsgefangenen hervor, die die gutbürgerlich situierte Städterin als „Russen“ benannte. Die Briefe liegen in der Sammlung Frauennachlässe als Abschrift von Auszügen vor.

Graz, 21. April 1917
Mein lieber Adolf!
Als die gestrige Nachmittagspost der Mutter und den Buben die Feldpostkarten brachte, war ich fast enttäuscht, daß ich leer ausgehen sollte; doch bald darauf wurde ich durch Deinen lieben Brief reich entschädigt und ich dank Dir herzlich dafür. Die Ansichtskarte bereitete mich ja auf einige Tage Wartezeit vor, doch Du kennst ja meine Ungeduld in der Beziehung. (…) Bevor ich auf Deine Zeilen näher eingehe, will ich Dir erzählen, wie meine Tage vergangen sind. Kathl [die jugendliche Schwester von Maria E.] war bisher immer mein Schlafkamerad, da sich Mutter noch nicht entschließen konnte, da zu übernachten. Von Morgen an jedoch kommt sie und ich bin sehr froh, nicht allein meinet- – sondern auch ihretwegen. Denn bei uns hat sie doch bis ½ 7 h (Sommerzeit) Ruhe, wogegen unten Vater schon um 4 h aufsteht – weil er mit der Wiese viel Arbeit hat, so daß sie er und die 3 Russen kaum fertig bringen. – – Doch ich will mehr Ordnung in meine Gedanken bringen und tagweise erzählen. Sonntag vormittags war Willi G. da. Er kam hochoffiziell und war sehr bestürzt, Dir seine Bitte nicht vortragen zu können. Am 15. Mai will er nämlich heiraten und Du wärst ihm als Beistand [Trauzeuge] sehr lieb gewesen. Sein Freund (!) E. G. in Wien hat ihm die diesbezügliche Bitte rundweg abgeschlagen und sonst sind alle Bekannten, die in Betracht kämen, an der Front. Eine Beistand-Stelle versieht sein Vater. (…)

Sonst verging der Sonntag und Montag ziemlich einsam, bis auf die Arbeit, die die Kinder geben. Dienstag war ich mit Continue reading

4. Queer History Day (QHD) mit Schwerpunkt Fachdidaktik, 29.04.2017, Wien

Ausgesprochen-Plakatkampagne-2015-Schulen-W-Sujet-Globus_web-213x300Veranstaltet vom Zentrum QWIEN in Zusammenarbeit mit der Aids Hilfe Wien und dem Institut für Geschichte der Universität Wien
Zeit: 29. April 2017, 11.00–17.00 Uhr
Ort: Aids Hilfe Wien, Mariahilfer Gürtel 4, 1060 Wien
Der 4. Queer History Day (QHD) wird wieder einen Schwerpunkt zum Thema Fachdidaktik Geschichte haben. Neben Studierenden sollen auch historisch Interessierte ohne universitären Hintergrund angesprochen werden. Der QHD versteht sich als ein niedrigschwelliges Angebot, sich mit der queeren Geschichte der Stadt auseinanderzusetzen. Nach dem Eröffnungsvortrag und 20-minütigen Kurzvorträgen zu unterschiedlichen historischen Themen und praktischen Fragen der Unterrichtspraxis werden in Workshops und Arbeitsgruppen die jeweiligen Themen anhand von Quellenmaterial weiter vertieft und diskutiert.
Programm

  • 11.00: Begrüßung durch Wolfgang Wilhelm, Obmann Aids Hilfe Wien
  • 11.15–12.00: Eröffnungsvortrag: Christoph Kühberger: Zum sexualisierten Verhältnis zwischen faschistischen Massen und ihren Führern. Geschichtswissenschaftliche Erkundungen und geschichtsdidaktische Reflexionen

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Workshop: Sexualitäten in Österreich im 19., 20. und 21. Jahrhundert, 19.05.2017, Wien

Forschungsschwerpunkt Wirtschaft und Gesellschaft aus historischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät; Konzept und Organisation: Franz X. Eder, Johann Kirchknopf, Stefan Ossmann
Zeit: 19. Mai 2017
Ort: Marietta-Blau-Saal, Universität Wien, Universitätsring 1, 1010 Wien
Im Rahmen des Workshops werden Forschungsprojekte aus den Sozial-, Kultur-, Bildungs- und Geisteswissenschaften (wie Soziologie, Sprachwissenschaften und Geschichte) präsentiert und diskutiert, die sich dem Thema aus einer interdisziplinären Perspektive annähern und neben theoretischen auch forschungspraktische Fragen aufgreifen.
Programm (als PDF)

  • 9:00 Eröffnung und Begrüßung: Dorothea Nolde, Vizedekanin der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien
  • 9:30 Brigitte Semanek (Institut für Geschichte des ländlichen Raumes, St. Pölten): Von „schönen Stunden“ schreiben. Paarkorrespondenzen als Ort der sozialen Konstruktion des Sexuellen
    Kommentar: Stefan Ossmann

10:30 Kaffeepause

  • 10:45 Elisa Heinrich (Institut für Zeitgeschichte, Wien): „Daraus ergibt sich kein Recht auf den Verkehr von Frauen untereinander, wohl aber eine andere Beurteilung“. Käthe Schirmachers Positionierungen zu weiblicher Homosexualität nach 1900 Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 101, Tagebuch von Anna H., 20. bis 24. April 1917, Graz

1917-04-20Das Tagebuch von Anna H. (geb. 1903) umfasst Einträge aus dem Zeitraum von Oktober 1916 bis November 1917. Sie besuchte zu der Zeit eine private Klosterschule in Graz, die Eltern betrieben eine Gastwirtschaft. In ihren Aufzeichnungen hielt die 14-Jährige zumeist kriegsbezogene Ereignisse fest, die in patriotischen Formulierungen wiedergegeben sind. In der Form ist auch die Schilderung des Kriegseintritts der USA gehalten. An die Informationen dürfte die Schülerin in Zeitungen oder über das ‚Hören-Sagen‘ gekommen sein. Entsprechend benannte sie auch eine zu erwartende Kriegsbeteiligung von China oder schilderte eine Episode, in der Kaiser Karl sich für eine bessere Verpflegung der Soldaten eingesetzt haben soll.

20. April.
Jetzt zählen unsere Stunde Uhren um eine Stunde zu weit vorne. Wir haben nämlich jetzt, das heißt heuer, aber auch voriges Jahr, eine „Sommerzeit“. D.h. in d. Nacht vom „Weißen Sonntag“ [Sonntag nach Ostern] auf den Montag, also heuer v. 15. April auf d. 16. April sind um 2 h früh alle öffentlichen Uhren Österreichs um eine Stunde vorgeschoben, also um 2 h auf 3 h vorgeschoben worden. Da nun alles Zei sich nach d. öffentlichen Uhren sich richtet, so sind wir aber um eine Stunde d. gewöhnlichen Zeit voran. Dies hat d. Zweck, das Petroleum [Brennstoff für Lampen] zu sparen. Nämlich um ½ 6 h ist es jetzt schon licht, um 9 h wird es finster. Also bei mäßiger Zt. erspart man Petroleum. Voriges Jahr wurde in Wien allein eine richtige Menge Petroleum erspart. Nun wurde vorig. Jahr zw. auch i. d. Nacht vom „Weißen Sonntag“ auf d. Montag, die Uhren um 1 h auf 2 h verschoben. Das aber war voriges Jahr d. Nacht vom 30. April auf d. 1. Mai.

23. April.
Nun haben uns, d.h. Deutschland, die Herrn Amerikaner mit Präsident Wilson an d. Spitze, freundlichst d. Gnade gehabt, Krieg zu erklären. Jawohl! Und China beabsichtigt, das Gleiche zu tun. Aber dieses geniert [stört] uns sehr wenig. Aber Continue reading

Veranstaltungsreihe: Antisemitismus & Geschlecht, SoSe 2017, Wien

17190595_1455487674492621_3801205026278468901_nVeranstaltungsreihe der Fakultätsvertretung Geisteswissenschaften (Link)
Beginn jeweils um 19.00 Uhr
Beschreibungen der einzelnen Veranstaltungen weiter unten
Weitere Veranstaltungen

  • 21. April 2017; Podiumsdiskussion mit Lena und Sama Maani: Podium: Warum wir über den Islam reden sollten; Hörsaal II, Neues Institutsgebäude
  • 28. April 2017; Vortrag von Sama Maani: Identität als Ideologie – Warum wir glauben und es nicht wissen; Hörsaal II, Neues Institutsgebäude
  • 5. Mai 2017; Vortrag mit Marcus Brunner: Antisemitismus und männliche Subjektkonstitution; Raum 1001, Sigmund-Freud-Universität, Freudplatz 2, 1020 Wien
  • 12. Mai 2017; Vortrag von Yasemin Makineci: Die Vernichterin – Zum Geschlechterverhältnis des Selbstmordattentates; Hörsaal II, Neues Institutsgebäude
  • 19. Mai 2017; Vortrag von Karin Stögner: Natur als Ideologie – Intersektionen von Antisemitismus und Sexismus; Hörsaal II, Neues Institutsgebäude
  • 25. Mai 2017; Podiumsdiskussion mit Ljiljana Radonic und Andrea Trumann: Antisemitische Mütter – Anti-zionistische Töchter? Café Stein, Währinger Straße 6-8, 1090 Wien

Beschreibungen der Veranstaltungen Continue reading

CfP: Demokratie praktizieren. Arenen, Prozesse und Umbrüche politischer Partizipation in Westeuropa im 19. und 20. Jhd. (Publikation und Event: 11/2017, Berlin); DL: 31.05.2017

stapelFriedrich-Ebert-Stiftung, Archiv für Sozialgeschichte 58 (2018) (Web)

Ort: Berlin
Zeit: 09.-10.11.2017
Bewerbungsschluss: 31.05.2017

In vielen Ländern Westeuropas lässt sich gegenwärtig eine nachlassende Akzeptanz parlamentarisch-demokratischer Systeme beobachten. Zugleich sehen sich diese einer Herausforderung durch rechtspopulistische Parteien und Positionen gegenüber. Diese Situation lädt zur historischen Reflexion über die Bedingungen politischer Partizipation ein. Dies geschieht vor dem Hintergrund eines verstärkten Interesses an den Chancen und Formen demokratischer Praxis seit dem 19. Jhd., aber auch in der Zwischenkriegszeit.

Dieses Interesse geht zugleich einher mit einer neuen methodischen Perspektive auf die Geschichte der Demokratie: Im Vordergrund stehen heute nicht mehr – wie von den 1970er- bis in die 1990er-Jahre – Fragen nach den makrohistorischen »Cleavages«, welche die Herausbildung demokratischer Volksparteien und die Durchsetzung demokratischer Spielregeln im politischen Prozess behindert oder verzögert haben. Vielmehr richtet sich das Interesse heute auf diejenigen Formen, Prozesse und Kontexte, in denen kollektive Akteur/inn/e/n um die Durchsetzung und Anerkennung demokratischer Spielregeln ringen und diese selbst praktizieren. Weiterlesen und Quelle … (Web)

Klicktipp: Library of Congress Digitizes Very Rare 19th-Century Photos of Black Women Activists (Weblog)

locportraits08-1080x666Hyperallergic (Weblog) (Link): „The Library of Congress recently digitized very rare 19th-century photographs of eight African American women active in suffrage, civil rights, temperance, education, reform, and journalism.

While Sojourner Truth and Harriet Tubman may be among the most recognized 19th-century black women activists, a recent photography digitization project at the Library of Congress (LOC) spotlights some lesser-known figures.

Images of women like Josephine A. Silone Yates, who studied chemistry and was one of the first black teachers at Lincoln University in Jefferson City, Missouri, and educator Fannie Barrier Williams, who advocated for black involvement in the 1893 World’s Columbian Exposition, are among the rare photographs in the collection of William Henry Richards. …“ Read more … (Weblog)

CfP: Produzieren/Konsumieren – Konduzieren/Prosumieren: Dichotomien, Verschlingungen, Zonen der Ununterscheidbarkeit (Publikation: ÖZG); DL: 31.10.2017

Cover2016_03_72dpiÖsterreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften (ÖZG) (Web), Hg. von Franz X. Eder, Mario Keller, Oliver Kühschelm und Brigitta Schmidt-Lauber

Einreichfrist: 31.10.2017

Im deutschsprachigen Raum hat sich seit den 1990er Jahren die historisch-kulturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Konsumieren als eigenständiges Forschungsfeld etabliert: als eine alltagsgeschichtlich und kulturanthropologisch interessierte, geschlechtergeschichtlich sensibilisierte Erweiterung – oder als Gegenstück – zu einer produktionsorientierten, implizit androzentrischen Wirtschafts- und Sozialgeschichtsforschung. Welche Erkenntnisperspektiven hat diese Verschiebung des Fokus eröffnet, welche blinden Flecken sind geblieben oder neu entstanden?

Die Trennung von Konsumieren und Produzieren funktioniert definitorisch problemlos, insofern sie einen Markt als Mittler – bezahlte Erwerbsarbeit auf der einen Seite, den Kauf von Produkten auf der anderen – annimmt. Doch sind solche Präsuppositionen belastbar? Gibt es andere Möglichkeiten, die Unterschiede von Produktion und Konsumtion zu denken sowie definitorisch zu bündeln – und für welche sozialen Gefüge in Geschichte und Gegenwart sind sie anwendbar? Weiterlesen und Quelle … (Web)

Buchpräsentation: Sylvia Köchl: »Das Bedürfnis nach gerechter Sühne« Wege von »Berufsverbrecherinnen« in das Konzentrationslager Ravensbrück, 08.05.2017, Wien

big_9783854765073Verband feministischer Wissenschafterinnen (Web), Veranstaltungsreihe feminismen diskutieren
Zeit: Mo., 08.05.2017, 19:00 Uhr
Ort: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien (Web)
Die Nazis träumten von einer verbrechensfreien Gesellschaft. Sie zogen Ideen und Dis­kur­se rechtsextremer Kriminalisten heran und konzipierten die »vorbeugende Ver­bre­chens­­bekämpfung«. Sie wollten also Ver­brechen »be­kämp­fen«, bevor sie über­haupt geschahen. Men­schen wurden als »Berufs­ver­bre­che­r/in­nen« klassi­fiziert und in »Vorbeugungs­haft« genommen, das heißt, in einem Kon­zen­tra­tions­lager interniert und mit dem »grünen Win­­kel« gekennzeichnet. Das Buch erzählt die Geschichten von acht »Berufsverbrecherinnen« – vorbestrafte Abtreiberinnen und Diebinnen aus Österreich, die ins Frauen-KZ Ravensbrück deportiert wurden. Über diese KZ-Häftlingsgruppe ist bis heute fast nichts bekannt, und von den Opfern existieren keinerlei Selbstzeugnisse. Anhand von Gerichtsakten rekonstruiert Sylvia Köchl die Biografien und arbeitet ein bisher unbekanntes Kapitel der NS-Geschichte auf.
Den Fokus der Präsentation legt Sylvia Köchl auf Österreicherinnen, die wegen Abtreibungen, die sie an anderen Frauen ausgeführt haben, mehrfach gerichtlich vorbestraft waren und im NS als „Berufsverbrecherinnen“ ins KZ Ravensbrück deportiert wurden.

CfP: The Jewish family in Europe and the Mediterranean from the Middle Ages to our days (Publication); DL: 01.09.2017

ADH_132_L204Thematic volume of the Annales de démographie historique (2018/2) (Web), edited by Luca Andreoni, Michaël Gasperoni and Cyril Grange

Proposals due: 01.09.2017

The history of the family is at the center of a considerable historiographical renewal that has marked Jewish studies during the last decades. The medievalists were the first to widely study small groups and Jewish family networks in order to better understand the settlement and diffusion of the Jewish population in a territory or their relations with the majoritarian society. Being particularly heterogeneous, the Jewish diaspora is traditionally divided into several groups and factions dependent on ritual practices, geographic provenances and affiliations or legal traditions, more or less influenced by the local contexts the different Jewish populations were settled in. These differences clearly had an impact on the matrimonial practices and family structures of Jews in Europe and the Mediterranean : Whilst the Ashkenazi Jewish tend less to marry among very close relatives, Sephardic families are known for their pronounced intrafamilial endogamy and a certain tolerance towards polygamy … read more and source (Web).