Monthly Archives: Juni 2021

CfP: Laboratorien einer künftigen Gesellschaft: Schulen als umkämpfte Räume im 20. Jhd. (Event, 03/2022, Halle); bis: 01.08.2021

Anne Otto, Phillip Wagner und Sandra Wenk; Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Ort: Halle
Zeit: 24.-25.03.2022
Einreichfrist: 01.08.2021

An Schulen wird stets um die künftige Ordnung der Gesellschaft gerungen. Seit der Durchsetzung der Schulpflicht versuchen unterschiedliche Akteur:innen, Einfluss auf die Entwicklung junger Menschen zu nehmen und so ihre Gesellschaftsvisionen zu realisieren: Schulen sollen etwa soziale Ungleichheiten legitimieren oder entschärfen, die aufwachsende Generation in die Gesellschaft integrieren oder zur Kritik an dieser befähigen und Heranwachsende für einen sich wandelnden Arbeitsmarkt ebenso qualifizieren wie selektieren.

Diese konfligierenden Zielsetzungen müssen nicht nur miteinander in Einklang gebracht werden, sondern treffen auch auf die Logiken der Schulpraxis sowie den Eigensinn oder gar Widerstand von jungen Menschen, Eltern oder Lehrer:innen. Ebenso haben diese Ordnungsversuche stets unbeabsichtigte Effekte zur Folge, die die Institution wie die Gesellschaft bis heute vor neue Herausforderungen stellen.

Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass die gesellschaftspolitische Dimension schulischer Reformen und die Versuche, durch die Schulen moderne Gesellschaften zu formen, noch nicht in einer weiten historischen Perspektive zum Thema wurden. Ziel des Workshops ist daher, im Anschluss an vorliegende wichtige Einzelstudien diesen ambivalenten Bemühungen über die politischen Zäsuren des 20. Jhds. hinaus nachzuspüren.

Die Veranstalter:innen fragen nach der Verwissenschaftlichung, Institutionalisierung und versuchten Formung des Aufwachsens durch Schule sowie zugleich nach den Widerständen und Folgeproblemen, die die Interventions- und Planungsversuche oftmals hervorbrachten. Es geht also darum, zu diskutieren, inwieweit und mit welchen Folgen Schulen zu Laboratorien künftiger gesellschaftlicher Ordnungen im 20. Jhd. wurden. Weiterlesen und Quelle … (Web)

Klicktipp: „Courage. Berliner Frauenzeitung“ bzw. „Aktuelle Frauenzeitung“: alle Jahrgänge von 1976 bis 1984 online (Portal)

„Courage. Berliner Frauenzeitung“ bzw. „Aktuelle Frauenzeitung“ (Link)

Aus dem Editorial der Online-Veröffentlichung von Gisela Notz aus 2008: „Am 17. Juni 1976 erschien die Nullnummer der Frauenzeitschrift ‚Courage‘, ein überregionales, linksfeministisches und autonomes Blatt, das – wie viele Frauenprojekte in den 1970er Jahren – als selbstverwaltetes Projekt organisiert war.

30 Jahre nach der Gründung, am 17. Juni 2006 trafen sich ehemalige Mitarbeiterinnen der Courage in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin, um noch einmal öffentlich über die Courage und die Frauenbewegung dieser Zeit nachzudenken. Bei diesem Treffen entstand die Idee, die Courage für die ’nachfolgende Generation‘ im Internet zu veröffentlichen und für die Forschung nutzbar zu machen. Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung hat diese Anregung aufgenommen.“

Die komplette Courage ist bereits seit dem Jahr 2008 digitalisiert und im Internet weltweit frei verfügbar. Weiterlesen im Editorial … (PDF)

Auf der Site können alle Nummern der linken Zeitschrift „Courage. Berliner Frauenzeitung“ bzw. „Aktuelle Frauenzeitung“ von 1976 bis 1984 via Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung als Scans im Volltext eingesehen werden. Die Digitalisate sind auch durchsuchbar (Link).

Die Site enthält weiteres die Dokumentation des im Editorial angesprochenen Workshops zum 30. Jahrestag der COURAGE, der im Juni 2006 in Berlin stattgefudnen hat. Die Publikation wurde von Gisela Notz als Nummer 73. des „Gesprächskreis‘ Geschichte“ 2007 herausgegeben. Beiträgerinnen darin sind u.a. Ursula Nienhaus, Gisela Notz, Christina Thürmer-Rohr, Christa Wichterich, Marianne Pitzen und Doris Janshen (PDF).

 

Klicktipp: „Mit Bubikopf und Schreibmaschine“ gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und den NS: Online-Führungen zu Paula Schliers Buch „Petras Aufzeichnungen“ (1926) (Videos)

Forschungsinstitut Brenner-Archiv (Web)

Kennen Sie schon Paula Schlier? Oder ihr Buch “Petras Aufzeichnungen”?

“Mit gesundem, klaren, unverbrauchtem Menschenverstande durchschaut sie die unerhörten Einrichtungen der Männerwelt” urteilten jedenfalls Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann 1927 in der Zeitschrift “Die Frau im Staat” darüber. Ob sie nun “schwerverwundete Soldaten oder Kinder pflegt, ob sie sich in demokratischen oder völkischen Zeitungsbetrieben in München bei Hitler oder unter dem leuteschindenden Direktor eines gräflichen Holzwerkes in der Steiermark betätigt […].”

Die Bayerin Paula Schlier (1899-1977) meldete sich als 16-Jährige 1916 als freiwillige Kriegskrankenpflegerin. Später verfolgte sie das Ziel, Schriftstellerin zu werden, den Lebensunterhalt verdiente sie sich als Stenotypistin. Sie war die erste Autorin, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz explizit aufgriff und verfasste Artikel gegen den NS. Im Herbst 1923 schleuste sich Paula Schlier als Sekretärin im “Völkischen Beobachter” ein, wo sie den Hitler-Putsch miterlebte. Sie zeichnete alles auf – und veröffentlichte 1926 es in ihrem Buch Buch “Petras Aufzeichnungen oder Konzept einer Jugend nach dem Diktat der Zeit”.

Die Publikation war eine literarische Sensation, eines der ersten Bücher der Neuen Sachlichkeit und zum Thema Neue Frau. Ursula A. Schneider und Annette Steinsiek haben es 2018 neu herausgegeben (Web).

Das Brenner-Archiv hat soeben virtuelle Führungen rund um diese Publikation veröffentlicht. Anhand von Archivmaterialien zeigen Ursula A. Schneider und Annette Steinsiek, was alles in diesem literarisierten Zeitbericht steckt. Die drei kurzen Präsentationen gehen thematisch über das Buch hinaus und decken einiges an Frauen-(Literatur-)Geschichte des frühen 20. Jhds. ab:

  1. Teenager im Ersten Weltkrieg 1914-1918 (14 Minuten) (Web)
  2. Die Neue Sachlichkeit (18 Minuten) (Web)
  3. Die “Neue Frau” der 1920er Jahre – zwischen Glamour und Elend (14 Minuten) (Web)

Weiterführende Informationen und Links: Continue reading

Workshop: Tracing Social Change: “Family Planning” since the 19th Century, 12.07.2021, virtual space

Herder Institute for Historical Research on East Central Europe, Marburg; Heidi Hein-Kircher (Web)
Time: 12.07.2021
Venue: Virtual space, via Marburg
Social change caused by industrialization and urbanization as well as by cultural and political modernization provoked a re-configuration of family conceptions. The demand to determine the number of offspring became a major political claim of women’s rights movements before it became part of “normality” within family life. “Family planning” as a practice was hence a result of value changes caused by social changes: since then, it developed step-by-step from a significant individual practice to a human right. During social, political, and economic crises and periods of rapid social change, “family planning” has become a target of political attacks, for example as revealed by the new Polish anti-abortion law and discussion about sexual education.
Programm
10:00 am: Welcome: Heidi Hein-Kircher (Marburg)
10:15 am: Chair: Heidi Hein-Kircher

  • Gábor Koloh (Szeged): Socioeconomic and Cultural Determinants of Family Planning in Southern Transdanubia (Hungary), 19th Century
  • Filip Emanuel Schuffert (Gießen): Gieschewald – a New Village for Miners and their Families

10:45 am Break
11:00 am: Chair: Elisa-Maria Hiemer (Marburg)

  • Dominika Kleinova (Pardubice): She-Wolves and Children of the Night: Birth Control and Family Planning from the Perspective of Prostitutes in the Interwar Czechoslovakia
  • Sylwia Kuzma-Markowska (Warsaw): Conflicts and Interdependencies: Family Planning Narratives and Activisms in Interwar Poland
  • Lemontzoglou Tryfonas (Athens): Revisiting the “Illegitimacy” Phenomenon: Evidence from the 20th Century Greek Censuses

11:45 pm Lunch Break
12:30 pm: Chair: Halyna Roshchyna (Hamburg)

  • Eva Škorvanková (Bratislava): Family Planning in Slovakia 1939–1945 and its Ideological Influences

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Kolloquium zur Medizin- und Psychiatriegeschichte, 28.06.2021, Wien und virtueller Raum

Doctoral School for Historical and Cultural Studies; Clemens Ableidinger, Franziska Cont, Anastassiya Schacht und Francesco Toncich
(Web)
Zeit: 28.06.2021, 09.00-16.00 Uhr
Ort: hybride form: Wien und virtueller Raum
Seit ihrer disziplinären Herausbildung im 19. Jahrhundert steht Psychiatrie im regen Austausch mit Ideen und Agenten der Politik. Ihre Teilnahme an Steuerung der Gesellschaft bringt Psychiatrie einerseits in produktiven Austausch mit populären und interdisziplinären Diskursen – andererseits aber auch immer wieder in das Spannungsfeld der Macht, Inklusion und Ausschlusses.
Gemeinsam mit den Expert:innen Martin Schaffner von der Universität Basel und Monika Ankele von der Medinizinischen Universität Wien diskutieren die Teilnehmer:innen anhand der prezirkulierten Texte gesellschaftsspolitische, institutionelle und epistemische Aspekte der Medizin- und Psychiatriegeschichte im ausgehenden 19. sowie 20. Jahrhundert.
Das Colloquium ist in hybrider Form angedacht, bei der die Gäste online die Möglichkeit haben sollen, ihre Fragen, Kommentare und Anregungen an Expert*innen und Diskutant*innen vor Ort zu kommunizieren. Um dies auch technisch zu ermöglichen ersuchen die Veranstalter:innen um eine kurze Anmeldung.

Vorträge: Ina Markova, Drehli Robnik und Renée Winter: Nazis und danach: Film, Fotografie, Geschichtspolitik, 15.06.2021, Wien und virtueller Raum

„PolitikProjektionen–>Viel*im*Film“ (Drehli Robnik) für das IWK und Depot. Kunst und Diskussion (Web)
Zeit: Di., 15.06.2021, 18.00 bis 21.00 Uhr
Ort: Depot, Breite Gasse 3, 1070 Wien und virtueller Raum
Anmeldung bis: 14.06.2021.
„Seit dem Zweiten Weltkrieg“: Diese Veranstaltung war ursprünglich geplant für den 7. Mai 2020, aus Anlass 75 Jahre Befreiung vom Nationalsozialismus. Damals beschwor die Bundesregierung die „größte Herausforderung“ seit der bravourös gemeisterten von 1945. Vor über 76 Jahren kapitulierte die Wehrmacht; selbst in Österreich endete die NS-Herrschaft. Einiges endet damit nicht. Film kann, ebenso wie Fotografie, „blitzartig veranschaulichen, daß das Totgeglaubte in uns fortlebt“, schrieb Siegfried Kracauer 1940.
Welche Kategorien und Kontexte haben Geschichtsbilder von NS und Widerstand in Inszenierungen heutiger Public History? Diese Frage wird in Vorträgen zur Buch- und Zeitungsfotografie und zur Wahrnehmung von Agency in aktuellen Spielfilmen erörtert und diskutiert.
Programm

  • 18.00 Uhr: Ina Markova, Historikerin, Wien: Die im Dunkeln sieht man nicht – aber warum nicht? Darstellungen des kommunistischen Widerstands in Österreich
  • 19.00 Uhr: Drehli Robnik, Theorievermittler, Wien: Vom Trauma zu Lifestyle und Folklore: Konturen aktueller Public History zum NS (mit Fokus auf Ö-Film)
  • 20.00 Uhr: Diskussion, moderiert von Renée Winter, Historikerin, Institut für Zeitgeschichte der Univ. Wien

Anmeldung für Präsenzveranstaltung an: depot@depot.or.at mit dem Betreff „Präsenz – 15.06.2021“. Für den Zugang zur Präsenzveranstaltung ist ein Lichtbildausweis, ein gültiger Covid-19-Test, Impfnachweis oder äztliches Attest über Genesung mitzubringen. Nähere Details erhalten Sie mit der Bestätigung zu Ihrer Anmeldung. Die Frist für die Anmeldung ist 14. Juni 2021.
Ein Link zur Online-Teilnahme wird am Tag der Veranstaltung auf der Website des Veranstaltungsorts Depot unter „Veranstaltungen“ bekannt gegeben (Web).

Klicktipp: Pride Talk: Svenja Miriam Kalmar und Friederike Sudmann: Als „jüdisch“ und als „homosexuell“ verfolgt. Jüdische Beschuldigte vor den Wiener Landesgerichten 1938-41 (Video), ab 10.06.2021, virtueller Raum

ViennaPride ’21 (Web)
Zeit: 10.06.2021, 14:00-15:00 Uhr
Ort: virtueller Raum, via Wien
Die Kripo und die Gestapo verfolgten während der Zeit des Nationalsozialismus sowohl Jüdinnen*Juden als auch homosexuelle Handlungen unabhängig voneinander. In diesem Vortrag wird der Frage nachgegangen, ob sich bei der Verfolgung von Jüdinnen*Juden aufgrund des §129 Ib Strafgesetzbuch antisemitische Dynamiken nachweisen lassen.
Die Veranstaltung findet virtuell statt. Das Video kann ab Veranstaltungsbeginn auf Vimeo sowie auf der Facebook-Seite von Vienna Pried angesehen werden:

  • Vidoe auf Vimeo (Link)
  • Facebooksite der Vienna Pride ’21 (Link)

Svenja Miriam Kalmar und Friederike Sudmann sind Aktivist:innen von QWIEN. Zentrum für queere Geschichte (Web).

Symposium: Authoritarianism, Ambivalence, Ambiguity. The Life and Work of Else Frenkel-Brunswik, 01.-02.07.2021, Vienna or virtual space

AGSÖ, Archive for the History of Sociology in Austria, öge, Austrian Association for Exile Studies, and Österreichische Gesellschaft für Soziologie – Sektion Geschichte der Soziologie (Web)

Time: 01.-02.07.2021
Venue: Institut für Soziologie, Rooseveltpl. 2, 1090 Vienna or virtual space
Else Frenkel-Brunswik (1908–1958) may be known to some as one of the co-authors of the famous study „The Authoritarian Personality“ by Theodor W. Adorno and others. However, as was the case with other Austrian sociologists such as Marie Jahoda and Maria Hertz Levinson, Else Frenkel-Brunswik’s role in empirical research remained seldom discussed in later reception. Along with their names, a specific influence was forgotten that had significantly shaped this research — a distinct combination of empirical sociology, (social) psychology and psychoanalysis that had emerged in Vienna in the period before World War II and was expelled during Austrofascism and Nazism.
The symposium invites international experts to explore the work of Else Frenkel-Brunswik, in particular her research on authoritarianism, and the legacy of this research for the social sciences today.
Programm
Thu., 01.07.2021

  • 3.oo p.m.: Opening remarks

3.3o p.m.: Intellectual influences between Vienna and Berkeley: Continuities and ruptures

  • Maria Czwik, University of Vienna: The Bühler students. The Vienna Institute for Psychology as reflected in dissertation projects
  • Andreas Huber, IHS, Vienna: Professorial Sects and Student Riots. Antifeminism and Antisemitism at the University of Vienna in the Interwar period
  • Christoph Reinprecht, University of Vienna: Else Frenkel-Brunswik’s fractured biography in exile

5.3o p.m.: Research on Authoritarianism in Exile

Registration: office@exilforschung.ac.at

Congress: Gender History: Paths, Intersections, Perspectives // La storia di genere: percorsi, intrecci, prospettive, 09.-12.06.2021, virtual space

VIII Congresso della Società Italiana delle Storiche (Web) in collaborazione con l’Università di Verona
Time: 09.-12.06.2021
Venue: virtual space, via Verona
About 180 speakers from various Italian, European and non-European universities and research institutes will discuss themes and interpretative categories in women’s and gender history and debate new historiographic orientations from a multidisciplinary perspective.
The papers, organised in 44 parallel sessions, cover a chronological span that extends from antiquity to the present day and refer to a multiplicity of geo-political and cultural contexts (Europe, the Americas, the Middle and Far East, Africa) analysed with approaches that focus on local, national, transnational and/or global contexts.

The topics range from the analysis of bodies to women’s voices and writings, from the critique of binarism to the construction of gender models, from work in its various forms to the sphere of the sacred, from urban spaces to mining, from migration and mobility to colonial perspectives, from the various forms of individual agency to those of collective actions, from citizenship to feminism and environmental movements, from political language and propaganda to autobiographies and self-perceptions, from emotions to representations of the feminine, to name but a few.
The Congress will be opened by Joanna De Groot, a Iranist from the University of York (UK), with a lectio magistralis entitled The Space of Gender and the Gender of Space: some Thoughts from a Historian of 19th Century Iran. This is a tribute by SIS to the memory of Anna Vanzan – Iranist, member of the Society’s board from 2014 to 2018, and of the editorial board of the journal Genesis since 2018, who prematurely passed away in 2020.
To follow the individual panels, all one needs to do is register at the respective links published in the programme (PDF).

Vortrag: Mariana Holms: Paula Ludwig und die brasilianische Exilerfahrung – Relationen zu ihrem dichterischen Werk, 29.06.2021, virtueller Raum

Frauenarbeitsgemeinschaft der österreichischen Gesellschaft für Exilforschung (Web)
Zeit: Di., 29.06.2021, 18.30 Uhr
Ort: virtueller Raum (Link), via Wien
Die österreichische Dichterin Paula Ludwig (1900-1974) war eng verbunden mit verschiedenen Kreisen expressionistischer KünstlerInnen, zuerst in München (1917-1923), später auch in Berlin (1923-1933). Im Bereich der bildenden Künste war sie in jungen Jahren Malermodell für prominente Künstler, v.a. aber war sie selbst als Malerin tätig. Auch zur Welt des Theaters gab es enge Verbindungen: Zuerst arbeitete sie als Souffleurin, dann als Kleindarstellerin, z.B. an den Münchner Kammerspielen, 1920 sogar beim ersten „Jedermann“ in Salzburg. In erster Linie aber war Paula Ludwig Schriftstellerin. Sie veröffentlichte mehrere Bände mit Lyrik, Traumprotokolle und autobiographische Texte.
Ihre Lebensumstände brachten es jedoch mit sich, dass sie in all diesen Szenerien gewissermaßen eine Randexistenz führte. In den Jahren des Exils in Brasilien (1940-1953) fand sie keine Möglichkeit, eine eigene Existenz als Künstlerin aufzubauen. Heute gilt Paula Ludwig, folgt man den wenigen neueren Aufsätzen über die Autorin, meist als „vergessene“ Schriftstellerin, oft auch als Lyrikerin, die ihre eigene poetische Stimme „verloren“ hat. Es stimmt: Nach der Rückkehr nach Europa veröffentlichte sie nur noch wenige Texte, im Nachlass gibt es aber mehrere unveröffentlichte Manuskripte, darunter einige, die in Brasilien entstanden sind bzw. die Brasilien zum Thema haben.
Der Vortrag konzentriert sich auf die Erfahrungen der Dichterin im brasilianischen Exil und stellt dazu Fragen: Wie hat Paula Ludwig Brasilien erlebt? Welches Bild von Brasilien wird in ihren Texten entworfen? Und wie erinnert sie sich, nach ihrer Rückkehr, an das Exilland? Und nicht zuletzt: Gibt es Zusammenhänge zwischen dem Brasilien-Erlebnis und ihren frühen Texten, den Erfahrungen in den avantgardistischen Kreisen Deutschlands? Diese Fragestellung wird eine wichtige Perspektive für die weitere Arbeit an der Dissertation sein.

  • Moderation: Ursula Stern

Mariana Holmsist Doktorandin der Universität von São Paulo und Stipendiatin des OeADs (Ernst-Mach weltweit). Zurzeit arbeitet sie in Wien an ihrer Dissertation, die in Österreich von Daniela Strigl betreut wird. Ihre Magisterarbeit schrieb sie 2018 in São Paulo über Stefan Zweigs „Die Welt von Gestern“. Dazu dienten ein Forschungsaufenthalt in Österreich und ein Stipendium des Stefan Zweig Zentrums Salzburg