Forschungsinstitut Brenner-Archiv (Web)
Kennen Sie schon Paula Schlier? Oder ihr Buch “Petras Aufzeichnungen”?
“Mit gesundem, klaren, unverbrauchtem Menschenverstande durchschaut sie die unerhörten Einrichtungen der Männerwelt” urteilten jedenfalls Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann 1927 in der Zeitschrift “Die Frau im Staat” darüber. Ob sie nun “schwerverwundete Soldaten oder Kinder pflegt, ob sie sich in demokratischen oder völkischen Zeitungsbetrieben in München bei Hitler oder unter dem leuteschindenden Direktor eines gräflichen Holzwerkes in der Steiermark betätigt […].”
Die Bayerin Paula Schlier (1899-1977) meldete sich als 16-Jährige 1916 als freiwillige Kriegskrankenpflegerin. Später verfolgte sie das Ziel, Schriftstellerin zu werden, den Lebensunterhalt verdiente sie sich als Stenotypistin. Sie war die erste Autorin, die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz explizit aufgriff und verfasste Artikel gegen den NS. Im Herbst 1923 schleuste sich Paula Schlier als Sekretärin im “Völkischen Beobachter” ein, wo sie den Hitler-Putsch miterlebte. Sie zeichnete alles auf – und veröffentlichte 1926 es in ihrem Buch Buch “Petras Aufzeichnungen oder Konzept einer Jugend nach dem Diktat der Zeit”.
Die Publikation war eine literarische Sensation, eines der ersten Bücher der Neuen Sachlichkeit und zum Thema Neue Frau. Ursula A. Schneider und Annette Steinsiek haben es 2018 neu herausgegeben (Web).
Das Brenner-Archiv hat soeben virtuelle Führungen rund um diese Publikation veröffentlicht. Anhand von Archivmaterialien zeigen Ursula A. Schneider und Annette Steinsiek, was alles in diesem literarisierten Zeitbericht steckt. Die drei kurzen Präsentationen gehen thematisch über das Buch hinaus und decken einiges an Frauen-(Literatur-)Geschichte des frühen 20. Jhds. ab:
- Teenager im Ersten Weltkrieg 1914-1918 (14 Minuten) (Web)
- Die Neue Sachlichkeit (18 Minuten) (Web)
- Die “Neue Frau” der 1920er Jahre – zwischen Glamour und Elend (14 Minuten) (Web)
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