IFK & IFK@Zoom (Web)
Zeit: 14.06.2021, 18:15-20:00 Uhr
Ort: virtueller Raum, via Wien
Bereits seit Jahrhunderten tragen Ehepaare ihre Scheidungskonflikte vor Gericht aus. Verhandelt werden dabei seit jeher (und bis heute) auch Themen der ehelichen Sexualität. Stephanie Rieder widmet sich in ihrem Vortrag der Thematisierung der ehelichen Pflicht zum Geschlechtsverkehr in Ehegerichtsakten zwischen 1783 und 1938.
Bis 1938 war die Scheidung von Tisch und Bett für katholische EhepartnerInnen im Gebiet des heutigen Österreich (mit Ausnahme des Burgenlandes) die einzige legitime Möglichkeit, das eheliche Zusammenleben aufzuheben – ohne sich jedoch erneut verehelichen zu dürfen. In den Scheidungsverfahren kamen auch Aspekte der ehelichen Sexualität zur Sprache. Dennoch wurden Ehegerichtsakten in Hinblick auf diese Thematik bislang nur wenig beforscht. In ihrem Vortrag stellt sich Stephanie Rieder aus einer interdisziplinären Forschungsperspektive heraus die Fragen, auf welche Weise die eheliche Pflicht zum Geschlechtsverkehr, dessen Verweigerung sowie zu häufige Einforderung und Erzwingung von den AkteurInnen vor Gericht, vom Gesetzgeber und von Juristen zwischen 1783 und 1938 thematisiert und problematisiert wurde. Die Zivilgerichtsbarkeit kann dabei, so möchte der Vortrag auch veranschaulichen, als weiterer „Brennpunkt“ (Foucault) betrachtet werden, welcher ab dem 18. bzw. 19. Jhd. Diskurse über den Sex schuf.
Stephanie Rieder absolvierte ein Studium der Rechtswissenschaften, gefolgt von einem Studium der Geschichte an der Universität Wien und arbeitete als juristische Mitarbeiterin in einer Wirtschaftskanzlei. Seit 2019 ist sie DOC-team- Stipendiatin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften am Institut für Geschichte der Universität Wien und im Studienjahr 2020/21 ÖAW/IFK_Junior Fellow. Weitere Informationen (Web)