Buchpräsentation – Ilse Korotin Hg.in: „Die Zivilisation ist nur eine ganz dünne Decke …“ Ella Lingens. Ärztin – Widerstandskämpferin – Zeugin der Anklage, 10.05.2011, Wien

Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK), Wien
Zeit: Dienstag, 10. Mai, 18.30 Uhr
Ort: IWK, Berggasse 17, 1090 Wien
Zum 100. Geburtstag von Ella Lingens (1908-2002) nahmen WissenschafterInnen am IWK Bezug auf wichtige Stationen ihres bewegten und inhaltserfüllten Lebens, um diese mit aktuellen Forschungsfragen und -ergebnissen zu ergänzen. Die Dokumentation der Tagungsbeiträge wurde ergänzt durch Interviews, Originaltexte und Archivmaterial.
An Ella Lingens – Juristin, Ärztin und Widerstandskämpferin – zu erinnern bedeutet auch, die Verflechtung eines individuellen Lebens mit den bedeutsamen zeithistorischen Phänomenen aufzuzeigen.
Aus einer bürgerlichen Familie stammend, wandte sie sich im Roten Wien früh der Sozialdemokratischen Partei zu. Im kulturradikalen Kreis um Karl Motesiczky gewann die Psychoanalyse an Bedeutung, später, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, die in diesem Kontext gegründete antifaschistische Widerstandsgruppe. Daraufhin folgten Denunziation, Verhaftung und Deportation nach Auschwitz, aber Ella Lingens überlebte als nichtjüdische Ärztin den Holocaust.
In der Nachkriegszeit erfüllte Ella Lingens neben ihrer beruflichen Tätigkeit als leitende Mitarbeiterin im Sozialministerium unermüdlich eine Reihe von wesentlichen Aufgaben: Als „Zeugin der Anklage“ brachte sie die Kraft auf, 1964/65 im Auschwitz-Prozess auszusagen, als Zeitzeugin ging sie in Schulen und zu LehrerInnenseminaren. Ihr 1947 verfasster autobiografischer Bericht „Prisoners of Fear“ (deutsch: „Gefangene der Angst.“ Wien 2003) ist ein Klassiker der frühen analytischen Literatur zum KZ-System und ein Meilenstein der Erinnerungsliteratur.
Die anwesenden Autoren und Autorinnen des Bandes sprechen über ihre Beiträge
Ilse Korotin (Hg.): „Die Zivilisation ist nur eine ganz dünne Decke …“ Ella Lingens (1908-2002). Ärztin – Widerstandskämpferin – Zeugin der Anklage (= biografiA – Neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung, hg. v. Ilse Korotin; 8 ) Wien: Praesens Verlag 2011
Inhalt:

  • Vorwort
  • Ilse Korotin: Ella Lingens (1909-2006). Juristin, Ärztin, Widerstandskämpferin, Zeugin der Anklage im Auschwitz-Prozess, Zeitzeugin
  • Christiane Rothländer: Karl Motesiczky und Ella Lingens – Freundschaft und Solidarität in Zeiten der Verfolgung
  • Christine Kanzler, Karin Nusko: Humanität als Widerstand. Hilfeleistung von Frauen für rassistisch Verfolgte während des NS-Regimes
  • Irmtrud Wojak: „Mengele war der Teufel“. Ella Lingens als Zeugin der Anklage im Auschwitz-Prozess
  • Werner Renz: Anmerkungen zur Aussage von Ella Lingens vom 2.6.1959 (Hessisches Staatsarchiv/Wiesbaden, Abt. 461, Nr. 37638, Bd. 10, Bl. 1399–1401)
  • Werner Renz: Anmerkungen zur staatsanwaltschaftlichen Vernehmung von Ella Lingens vom 19.9.1960 (Hessisches Staatsarchiv/Wiesbaden, Abt. 461, Nr. 37638, Bd. 39, Bl. 6548–6558)
  • „Wenn jemand Hilfe braucht, dann werden wir nie Nein sagen. Darauf haben wir uns die Hand gegeben …“ DDr. Ella Lingens im Gespräch mit Brigitte Ungar-Klein
  • Anpassung oder Widerstand? Ella Lingens und die Psychoanalyse. Ein Gespräch mit Hans Lobner, Psychoanalytiker
  • Ella Lingens: Psychoanalyse unter dem Nationalsozialistischen Regime. Sigmund Freud House Bulletin, Vol 7/No. 2,Winter 1983, S. 12-14
  • Ella Lingens: Ein Gedenkstein wurde beschmiert. Sigmund Freud House Bulletin Vol. 11, Nr. 1, Summer 1987, S. 43
  • Gert Dressel: Zeugen der Zeit: Wer zeugt für was, und wer hört welchen Erzählungen wie zu? Über Lernprozesse einer Region
  • Ella Lingens: Biografie

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