Arbeitskreis Demokratie und Geschlecht des Instituts für Zeitgeschichte München–Berlin, LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte (Münster): Julia Paulus (Web), Deutsches Historisches Institut London und Univ. Bayreuth
Zeit: 16.-17.05.2024
Ort: Münster
Einreichfrist: 01.10.2023
Ausgangspunkt der Veranstaltung ist die Feststellung, dass Demokratiegeschichte(n) bis heute überwiegend über ‚männlich‘ markierte Protagonisten erzählt werden, aus deren Perspektive und in der Hauptsache bezogen auf ihr Handeln. Demgegenüber fragt der Workshop dezidiert nach den Erfahrungen, Partizipationsvorstellungen und selbst erlebten Handlungsmöglichkeiten von Frauen* in den europäischen Demokratien des 20. Jhds. sowie danach, wie deren Zeugnisse heute gelesen und biografisch erzählt werden (können).
Trotz Wahlfreiheit und Gleichheitsversprechen unterlag die demokratische Teilhabe im 20. Jhd. weiterhin im hohen Maße exkludierenden Regeln, die sich an traditionellen ‚Grenzlinien‘ wie class, race und – so der Fokus des Workshops – gender orientierten. Europäische Beispiele gibt es viele: In Frankreich etwa beteiligten sich Frauen aktiv an den Diskussionen um die demokratische Ausgestaltung der Dritten Republik, doch wurden sie aus den politischen Gestaltungs- und Machtstrukturen ausgeschlossen. Politische Rechte wurde ihnen erst in der Übergangsregierung nach dem Ende des Vichy Regimes 1944 zugesprochen. In Deutschland partizipierten Männer in der Vereins- bzw. Parlamentskultur seit spätestens Mitte des 19. Jhds., Frauen hingegen war parteipolitisches Agieren bis 1908 per Vereinsgesetz verboten. In der Weimarer Republik verhinderte das Wörtchen „grundsätzlich“ in § 109 der Reichsverfassung die umfassende Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der ersten deutschen Demokratie. Seit 1949 gilt das von Elisabeth Selbert (1896-1986) propagierte und in Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes festgeschriebene Gleichheitsgebot bis heute als einzulösender politischer Auftrag – und dies in erster Linie vor einer binärgeschlechtlichen Matrix, die Ehe und Familie bis in das 21. Jhd. ausschließlich heteronormativen Menschen erlaubte. Auch im postkommunistischen Polen führte die Demokratisierung bzw. „Europäisierung“ des Staates in den 1990er- und 2000er-Jahren nicht unbedingt zu mehr politischer Teilhabe und sozialer Gleichberechtigung von Frauen*, derzeit werden in den US-amerikanischen Staaten liberale Frauenrechte abgebaut. … weiterlesen und Quelle (Web).