CfP: Immaterielles Kulturerbe in ländlichen Räumen: Vereinnahmungen und Instrumentalisierungen (Event, 03/2024, Bamberg); bis: 15.10.2023

Juniorprofessur für Europ. Ethnologie mit Schwerpunkt immaterielles Kulturerbe an der Otto-Friedrichs-Univ. Bamberg: Barbara Wittmann (Web)

Zeit: 20.-22.03.2024
Venue: Bamberg, Germany
Proposals by: 15.10.2023

Seit der Verabschiedung des UNESCO-Übereinkommens 2003 wachsen die drei internationalen Listen zum Immateriellen Kulturerbe kontinuierlich weiter und umfassen mittlerweile über 670 Einträge aus 140 Ländern. Ein großer Teil davon bezieht sich auf eher in ländlichen Räumen praktizierte Traditionen, Feste und Bräuche, (Handwerks-)Techniken sowie in agrarischen Kontexten weitergegebenes Wissen um die Natur. Die Auszeichnung als immaterielles Kulturerbe kann dabei gerade in vor spezifischen demografischen, infrastrukturellen und soziokulturellen Herausforderungen stehenden peripheren Regionen zu lokalen Aufwertungen und Community-Building-Prozessen beitragen, birgt gleichzeitig aber auch Potenzial für Konflikte und Vereinnahmungen. Während durch Valorisierung und Weitergabe von immateriellem Kulturerbe einerseits Dimensionen ländlicher Diversität erhalten und gesellschaftlich sichtbar werden können, gehen und gingen damit andererseits historisch wie gegenwärtig Instrumentalisierungen und Ideologisierungen durch exkludierende Heimatbegriffe, retrotopische Kulturideale oder die Reaktivierung problematischen, überholten Fachwissens einher. Dies gilt insbesondere mit Blick auf aktuelle politische Spaltungen, im Zuge derer ländliche „Abgehängtseins“-Wahrnehmungen (Deppisch 2020) ein zunehmend rechtsgerichtetes Wahlverhalten mitbedingen.
Die Tagung beleuchtet, inwieweit gegenwärtige Formen von immateriellem Kulturerbe in ländlichen Räumen Europas, gerade auch im Zuge von Bewerbungs- und Aufnahmeverfahren in nationale und internationale Listen, von entsprechenden Entwicklungen tangiert werden. Das Untersuchungsspektrum reicht dabei von ökonomisch motivierten (Konkurrenz-)Konstellationen rund um Eintragungen bzw. Ablehnungen bestimmter Phänomene über populistische Vereinnahmungen ländlicher Traditionen als (H)Orte des Konservativ-Bewahrenden bis hin zu mittlerweile in zahlreichen europäischen Ländern und Regionen transportierten (rechts-)politischen Narrativen, die mithilfe eines essentialistischen Kulturverständnisses vermeintliche Gegenpole zu pluralen urbanen Lebenswelten entwerfen. Weiterlesen und Quelle … (Web)