CfP: Politische Handlungsspielräume und Selbstpositionierungen adliger Frauen in der Frühen Neuzeit (09/2026, Vechta); bis: 31.07.2025

Christine Vogel und Laura Rehmann, Univ. Vechta (Web)

Zeit: 10.-11.09.2026
Ort: Univ. Vechta
Einreichfrist: 31.07.2025

Dass die dynastische Herrschaftspraxis von den diskursiven Normsetzungen der asymmetrischen frühneuzeitlichen Geschlechterordnung regelmäßig abwich, hat die geschlechtergeschichtliche Forschung vor allem mit Blick auf den frühneuzeitlichen Fürstenhof als Schauplatz dynastischer Herrschaft und institutionalisierter Ort politischer Partizipation gezeigt. Mittlerweile werden zunehmend auch die mittlere Ebene des politischen Handlungsfelds sowie kleinere Herrschaftsträger in den Blick genommen und politische Gestaltungsspielräume adliger AkteurInnen jenseits des regierenden Hochadels freigelegt, so dass neben Regentinnen und Fürstinnen allmählich auch andere Frauen als politische Akteurinnen in den Fokus treten. Mit Blick auf den spezifischen Anteil von Frauen an der adligen Herrschaftspraxis wurden verschiedene Handlungsfelder in der Forschung identifiziert. Außer dem Bereich der Familienpolitik und der Funktion der Gattin als Fürbitterin waren das insbesondere die Gestaltung von Netzwerken durch die Pflege von Korrespondenzen, die Ämterpatronage, die standesgemäße Repräsentation sowie Diplomatie und Religion. Schließlich wurden zuletzt auch ökonomische Praktiken adliger Frauen im Rahmen ihrer Aufgaben als Verwalterinnen und Bewirtschafterinnen eigener Güter oder, in ihrer Funktion als vormundschaftliche Regentinnen, des dynastischen Besitzes betrachtet.
Auf dem Workshop wollen wir die genannten Handlungsfelder adeliger Frauen betrachten und dabei systematisch die Frage nach der Selbstpositionierung der involvierten AkteurInnen untersuchen. Dabei gehen wir von der Annahme aus, dass konkrete Handlungssituationen explizite oder implizite Positionierungen aller Beteiligten im Spannungsfeld sich überlagernder Handlungserwartungen erforderten. Zu fragen wäre damit nicht nur, welche sozialen Rollen adlige Frauen einnahmen und welche Normen dabei grundsätzlich zum Tragen kamen, sondern auch, wie sich diese Normen in konkreten Situationen überlagerten und ggf. sogar in Konkurrenz traten und was das für die involvierten AkteurInnen bedeutete. Wie wirkten sich insbesondere weibliche Statusveränderungen (idealtypisch: Tochter – Ehefrau – Mutter – Witwe) dabei aus? Wie werden Normenkonkurrenzen in den Quellen sichtbar, wann wurden sie explizit thematisiert und wo artikuliert sich so etwas wie der „Eigensinn“ historischer AkteurInnen? Und schließlich: Welche Rolle spielen Memoiren, Korrespondenzen oder andere Selbstzeugnisse als soziale Praktiken der Selbstpositionierung für adlige Frauen? Wie wirkt sich die schwierige Überlieferungssituation auf die hier diskutierten Forschungsfragen aus? Es geht also nicht nur um die Betrachtung situativer Nutzungen von Handlungsspielräumen, sondern auch um Fragen der Repräsentation und Selbstbeschreibung, soweit sie sich in den Quellen fassen lassen. Erwünscht sind systematische Beiträge oder Fallstudien, an denen sich die skizzierten Probleme diskutieren lassen. Beiträge, die sich mit der mittleren und niederen Ebene des Adels beschäftigen, sind ausdrücklich erwünscht.

Die Vorträge auf dem Workshop sollen einen zeitlichen Umfang von 20 Minuten nicht überschreiten, um ausreichend Zeit für Diskussionen zu lassen. Eine Publikation der Beiträge ist geplant. Wir bemühen uns um eine Finanzierung der Reisekosten. Vortragstitel und Abstract von maximal einer Seite sowie einen Kurz-CV senden Sie bitte bis zum 31. Juli 2025 an laura.rehmann@uni-vechta.de. Eine Rückmeldung erfolgt bis spätestens 30.09.2025.

Quelle: HSozKult