Vortrag: Elisabeth Malleier: „Endlich ist es mir gelungen, ein armes Mädchen als Krankenpflegerin zu werben“. Die Suche nach Krankenpflegerinnen in Wien um 1900, 26.03.2024, Wien

Vortragsreihe „biografiA – Neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung“ (Web)

Zeit: ​Di. 26.03.2023, 18.30 Uhr
Ort: IWK, Bergg. 17, 1090 Wien

Der Mangel an Pflegepersonal ist kein ganz neues Phänomen. Mit der Errichtung moderne Krankenhäuser Ende des 19. Jhds. wuchs auch der Bedarf an ausgebildetem Pflegepersonal. Im Gegensatz zu Ärzten und Ärztinnen werden Krankenpfleger:innen aber nur selten namentlich erforscht und erinnert. Dieser Vortrag soll sowohl Arbeits- und Lebensbedingungen von Pflegerinnen beleuchten, als auch einige dieser Frauen ans Licht holen. Beispiel ist das Rothschildspital in Wien, das 1873 gegründete Spital der israelitischen Kultusgemeinde.
Anlass für den Vortrag ist auch die Ausstellung „Who cares. Jüdische Antworten auf Leid und Not“, die derzeit im Jüdischen Museum Wien gezeigt wird (Web).

Elisabeth Malleier ist Historikerin in Wien. Schwerpunkte: Geschichte sozialer Bewegungen und Geschichte jüdischer Frauen in Wien.

Quelle: Newsletter des IWK

Workshop: Frauenleben in europäischen Demokratien des 20. Jahrhunderts, 16.-17.05.2024, Münster

Arbeitskreis „Demokratie und Geschlecht“ des Inst. für Zeitgeschichte München–Berlin; LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte; Univ. Bayreuth, Forschungsstelle für Zeitgeschichte Hamburg und Univ. Rennes 2 (Web)

Zeit: 16.-17.05.2024
Ort: Münster

Ausgangspunkt ist die Feststellung, dass Demokratiegeschichte(n) bis heute überwiegend über ‚männlich‘ markierte Protagonisten erzählt werden. Demgegenüber fragt der Workshop dezidiert nach den Erfahrungen, Partizipationsvorstellungen und selbst erlebten Handlungsmöglichkeiten von Frauen∗ in den europäischen Demokratien des 20. Jhds. sowie danach, wie deren Zeugnisse heute gelesen und biografisch erzählt werden (können).

Panels und Programm (Web)

  1. Transformationsgeschichte(n) und Geschlechtergeschichte: Julia Paulus, Karin Aleksander, Heike Schimkat, Uta C. Schmidt, Susanne Abeck
  2. (Selbst-)Ermächtigungen: Valérie Dubslaff, Monica Fioravanzo, Theresa Hornischer
  3. Vor-Bilder und Ikonisierungen: Bernhard Gotto, Kerstin Wolff, Johannes Kelting
  4. ‚Frauen‘-Geschichten? Sozial- und Friedensarbeit: Isabel Heinemann, Volker Walpuski, Anna Leyrer
  5. Verzögerungen: Systemische Marginalisierung: Kirsten Heinsohn, Bianka Trötsche-Daniels, Nikolai Wehrs
  6. ‚Radikale‘ Frauen: Selbst- und Fremdverortung: Mirjam Höfner, Moritz Fischer, Paula Lange
  7. Vermeintlich „apolitisch“ – das Private wird politisch: Christian Rau, Lukas Moll, Matthias Berg, Ruth Oeler

Zentral sind neben den Biografien herausragender Persönlichkeiten auch Lebenserzählungen sog. „ordinary people“, die dabei helfen sollen, die Verflechtungen zwischen Geschlechter- und Demokratiegeschichte(n) im europäischen Raum neu zu beleuchten: Was verstehen wir unter „Frauen∗biographien“ und wie lassen sich jene in demokratischen Kontexten oder systemischen Umbruchsphasen analysieren? Weiterlesen und Quelle … (Web)

CfP: Widerständiges Schreiben. Lili Körber – Literatur, Politik und Exil (Event, 11/2024, Wien); bis: 10.04.2024

Käte Hamburger Kollegs global dis:connect (LMU München) in Koop. mit dem Literaturhaus Wien – Österreichische Exilbibliothek (Web)

Zeit: 14.-15.11.2024
Ort: Wien
Einreichfrist: 10.04.2024

Die Tagung und Publikation widmen sich der Schriftstellerin und politischen Publizistin Lili Körber (1897-1982). Die promovierte Literaturwissenschafterin und Schriftstellerin wurde als Tochter einer österreichischen Kaufmannsfamilie 1897 in Moskau geboren. Sie lebte später in Wien, war Mitglied der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP), der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller und des Bundes der Proletarisch-Revolutionären Schriftsteller Österreichs. Dieses politische Engagement äußerte sich auch in ihrer publizistischen Arbeit. Lili Körber schrieb für politisch linke Periodika wie die „Wiener Arbeiter-Zeitung“, „Bildungsarbeit“, die „Rote Fahne“ und die „Arbeiter-Illustrierte-Zeitung (AIZ)“.
Gemeinsam mit Anna Seghers und Johannes R. Becher folgte sie 1930 einer Einladung des Moskauer Staatsverlags zu einer Reise in die Sowjetunion. Sie wollte die Lebens- und Arbeitsverhältnisse der Menschen kennenlernen, indem sie mehrere Monate als Bohrerin in den Putilow-Traktorenwerken in Leningrad arbeitete, ein Betrieb mit einer „bekannte[n] Geschichte revolutionären Widerstandes während der Zarenzeit“ (Hertling 1982). Ihre Erfahrungen verarbeitete sie in dem Tagebuch-Roman „Eine Frau erlebt den roten Alltag“, der 1932 bei Rowohlt Berlin erschien und dessen Umschlag von John Heartfield gestaltet wurde. Körber arbeitete im Genre des dokumentarischen Romans, indem sie neben den Tagebuchnotizen, die authentische und persönliche Erfahrungen vermitteln, auch Dokumente wie Lohnzettel oder Seiten aus ihrem Arbeitsbuch reproduzierte.
Lili Körbers Roman „Eine Jüdin erlebt das neue Deutschland“ von 1934 gehört zu den ersten gegen den Faschismus gerichteten Büchern, die der Übergangszeit zwischen dem Ende der Weimarer Republik und der Etablierung des NS-Staates gewidmet sind. In ihm wird die ideologische Durchdringung der Gesellschaft prägnant beschrieben. In der Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums (Stand Oktober 1935) werden „Sämtliche Schriften“ von Lili Körber indiziert. 1933 gehörte „Eine Frau erlebt den roten Alltag“ zu den verbrannten Büchern. Eine 1934 nach Japan und China unternommene Reise fand … weiterlesen (Web).

CfP: queer and trans∗ affections. Freund∗innenschaft, Liebe, Eifersucht – Historische Perspektiven auf queere und trans∗ Emotionen (Event, 10/2024, Wien); bis: 30.04.2024

Forschungsschwerpunkt Frauen- und Geschlechtergeschichte der Historisch-Kulturwiss. Fakultät der Univ. Wien; Natascha Bobrowsky, Johanna Gehmacher, Daniel Gunz, Gabriella Hauch und Michaela Neuwirth (Web)

Zeit: 28.10.2024
Ort: Wien
Einreichfrist: 30.04.2024

Die Lebensbedingungen für queere und trans∗ Menschen haben sich in den letzten Jahrhunderten stark gewandelt. So hält Benno Gammerl (2021, S 8) fest: „Emotionen sind nicht nur natürlich, nicht bloß genetisch festgeschriebene Reaktionsprogramme, die über Jahrhunderte immer dem gleichen Schema folgen. Emotionen sind auch von den sozialen und kulturellen Kontexten geprägt in denen sie empfunden und gezeigt werden“. Diese Veränderungen will der Workshop genauer in den Blick nehmen. Er fragt nach emotionsgeschichtlichen Aspekten queeren Zusammenlebens in verschiedenen Epochen und Räumen. Dabei werden Freude, Liebe und Eifersucht thematisiert, sowie Freund:innenschaft zwischen Menschen untersucht, die sich in unterschiedlicher Weise als queer und/oder trans∗ definieren oder auch nicht. Sexuelles Begehren wird dabei nicht ausgeschlossen, steht jedoch nicht im Zentrum des Interesses.
Emotionsgeschichtliche Aspekte queeren und trans∗ Lebens treten oftmals in den Hintergrund historischer Arbeiten. Die deutschsprachige Geschichtsschreibung hat sich überwiegend mit Sichtweisen der staatlichen Verfolgung, Unterdrückung und Gewalt gegenüber queerem Leben auseinandergesetzt. Außerdem wurde der pathologisierende medizinisch-sexualwissenschaftliche Diskurs des 19. und 20. Jhds. ausführlich behandelt. Als beinahe gänzliches Desiderat der Forschung stellen sich bisher alltägliche Lebenswelten und positive Erfahrungen und Gefühle in trans∗ und queer Zusammenhängen heraus. Im Workshop soll Raum für Zugänge abseits der etablierten Verfolgungsgeschichte von queeren und trans∗ Menschen gegeben werden.
Dabei eröffnen sich unter anderem Fragen rund um queere und trans∗ Beziehungsformen (kinship), in denen Emotionen produziert und erlebt werden können. Wie konnten Freund:innenschaft und Liebesbeziehungen unter der Gefahr staatlicher Verfolgung entstehen? Welche Subkulturen und Netzwerke bildeten sich heraus und welche Rolle spielten Emotionen in diesen? Weiterlesen und Quelle … (Web)

Presentation: Andrea Pető and Eleonore Lappin-Eppel: Jewish Women in Post-World War II Eastern and Central Europe, 08.03.2024, virtual space

Nashim: A Journal of Jewish Women’s Studies & Gender Issues (Web)

Time: Fr., 08.03.2024, 2pm to 3pm (New York time)
Venue: virtual space – via New York
Registration (Web)

This Spring/Summer 2023 issue of Nashim analyzes Jewish women’s history in post-World War II Eastern and Central Europe, a topic long overlooked by scholarly investigation, owing to overlapping circles of forgetting. Addressing this gap in the scholarly literature is all the more timely in the context of the political turmoil occurring in many countries. History can be inspirational: It can show how destroyed and disappearing communities, nationalized educational and cultural infrastructure, collaboration with secret services, betrayal, and loss can be told in different ways. All these horrors, loss, destruction, misery and trauma contributed to the formation in East Central and Central Europe of a reactive and negative Jewish identity.
However, the 1980’s brought an important change in Jewish life not only in the former Communist states but also in Western oriented countries. A new generation of women worked towards Jewish renewal and a new appraisal of the Jewish women of the generations preceding them. By offering a pivotal gesture of creative elaboration of new histories of Jewish women in this vast region, we hope to participate in reclaiming the future and creating models of a proactive, positive Jewish identity. All four papers by Andrea Peto, Eleonore Lappin-Eppel, Elisa Klapchek, and Galina Zelenina deal with different forms of Jewish women’s agency within the Jewish and non-Jewish environment. Read more … (Web)

Source: H-Net Notifications

Vortrag: Evelyne Luef und Katharina Prager: Schreiben Sie wichtige Wienerinnen ins Wien Geschichte Wiki – wir zeigen Ihnen wie, 08.03.2024, Wien

Wienbibliothek im Rathaus (Web)

Zeit: Fr., 08.03.2024, 15.00 Uhr
Ort: Loos-Räume der Wienbibliothek, Bartensteing. 9/5, 1. Stock, 1010 Wien
Anmeldung (Web)

Es ist ein bekanntes Phänomen, dass Frauen – aufgrund historischer Vorstellungen über Geschlecht und Geschlechterordnungen – im Unterschied zu ihren männlichen Zeitgenossen in gedruckten Lexika stark unterrepräsentiert waren. Mit großer Beharrlichkeit schreibt sich dieses Ungleichgewicht bis in die Gegenwart fort und auch in modernen Online-Enzyklopädien sind Frauen zumeist stark in der Minderzahl.
Das Wien Geschichte Wiki (Web) ist 2014 online gegangen. Es basiert auf Felix Czeikes „Historisches Lexikon Wien“, in dem der Frauenanteil – wie auch in anderen Standardwerken der Zeit – 7 % betrug. Inzwischen konnte der Anteil – ähnlich wie in der Wikipedia – auf rund 12 % gesteigert werden. Es ist also immer noch viel zu tun, um das oft anders, schlecht oder gar nicht dokumentierte Wirken von Frauen ins Gedächtnis der Stadt einzubringen.
Im Rahmen dieser Veranstaltung zeigen die Historikerinnen Evelyne Luef und Katharina Prager von der Wienbibliothek im Rathaus, wie jede und jeder wichtige Wienerinnen ins Wien Geschichte Wiki einschreiben und dadurch selbst dazu beitragen kann, Frauen und ihre Leistungen besser sichtbar zu machen. Technische Vorkenntnisse sind nicht nötig.

CfP: Women in the Holocaust (Event, 09/2024, Mauthausen); by: 31.05.2024

KZ-Gedenkstätte Mauthausen, Mauthausen Memorial and WHISC: Women in the Holocaust – International Study Center (Web)

Time: 13.-15.09.2024
Ort: Mauthausen
Proposals by: 31.05.2024

The 2nd Women in the Holocaust conference will be held in Austria, a country which was already part of the German Reich at the beginning of World War II. It was the home of prominent perpetrators of the Holocaust such as Adolf Eichmann, Ernst Kaltenbrunner and Franz Stangl – all of them being born in Upper Austria, where, as Gauleiter August Eigruber happily announced, the Mauthausen concentration camp was installed in 1938. Having one of the toughest camp conditions in the Reich, Mauthausen, its branch camp Gusen and their over 40 subcamps became the mass grave of at least 90.000 prisoners. In total, around 190.000 persons were imprisoned in the camp complex from 1938 until 1945, approximately 10.000 being female.
WHISC is the only comprehensive study center that focuses on the study of the fate of women – Jewish and non-Jewish – in the Holocaust in a multidisciplinary manner. The study of women and gender relations in the Holocaust represents a challenge for historiographical research, which until the last third of the 20th century accepted gender-hegemonic concepts as a given and presented the past as the „history of great men“. The diverse roles that women played in history were thus excluded. The categories of „woman“ and „man“ were simultaneously essentialized and the binary gender order was accepted unquestioningly as a supposedly natural given.
The conference would therefore like to address questions of the historicity of such gender orders and explore the role of women during NS according to Gisela Bock as perpetrators, victims, followers, bystanders, members of the resistance and helpers. It confronts the question of how to fruitfully integrate the histories of occupation, antisemitism, and ethnic racism, as well as issues of competing victimhood in the various countries with a focus on a women-specific perspective. There also are scholarly challenges involved when one considers the intersectionality of race, class and gender as well as other categories of difference, and the impact, tensions, and traumas they have produced. The conference promotes scholarly discussion and debate on the various divides, connections, and intersections that can be found in Holocaust and Gender Studies about women during the National Socialist period. Read more … (Web)

Vortrag: Nik Ruth Persson: Lesbische Zeitschriften der 1920er-Jahre. Ein Recherchebericht, 20.03.2024, virtueller Raum

Spinnboden Lesbenarchiv und Bibliothek; Reihe „Lost and Found @ Spinnboden“ (Web)

Zeit: 20.03.2024, 19.30 Uhr
Ort: virtueller Raum – via Berlin
Anmeldung: beratung@spinnboden.de

Nik Ruth Persson beschreibt in dem Vortrag den Weg mit den Zeitschriften „Frauenliebe“ und „Die Freundin“ und ihren Frontfiguren Karen und Lotte Hahm zu Lesben-/Transwelten in Berlin, Wien und in kleineren Orten in der Zeit von 1924 bis 1933: „Am Tisch im Spinnboden haben mir Kleinanzeigen über Wohnungsnot, Liebes- und Lebenslust erzählt, Kurzgeschichten und Gedichte haben mir Einsamkeit, Zweisamkeit und wilde Partynächte geschildert, Artikel haben mich über damalige Theorien und Politik für Körper, Sex und Geschlecht informiert. Daraus kam zum Schluss ein Essay auf Schwedisch.“

Der Vortrag ist Teil der Reihe „Lost and Found @ Spinnboden“. Diese will einmal im Quartal lesbisch-queer-feministische Geschichte(n) mit Funden aus dem Spinnboden Lesbenarchiv in Berlin bzw. laufende Recherchen im Archiv sichtbar machen.

Nik Ruth Persson ist Übersetzerin und Schriftstellerin. Aktuelle Übersetzungen sind „Från sockerfabriken“ von Dorothee Elmiger, übersetzt aus dem Deutschen, und „Så som vi är nu“ von Susan Sontag, übersetzt aus dem Englischen und veröffentlicht in der Zeitschrift Glänta. Außerdem forscht sie zu deutschen Lesben-/Trans-Zeitungen in den 1920er Jahren.

Quelle: Facebook

Klicktipp: Women at Work. Historische Formen der Erwerbsarbeit von Frauen (Portal)

Technisches Museum Wien

Das Technische Museum Wien widmete im Frühsommer 2023 den historischen Formen der Erwerbsarbeit von Frauen eine Sonderausstellung. Anlass war das 150-Jahres-Jubiläum der Wiener Weltausstellung von 1873, wo der sogenannte „Frauenpavillons“ erstmals die Arbeitswelt von Frauen thematisiert – und damit Geschichte geschrieben hat. Weiterlesen … (Web)

Website „Women at Work“ (Web)

Als Erweiterung der analogen Ausstellung wurde auch eine neue multimediale Online-Ausstellung gestaltet. Diese bietet rund 1.000 hochauflösende Abbildungen und Volltext-Digitalisate aus dem einzigartigen Bestand des Technischen Museums Wien zur Weltausstellung – sowie weiterführend vielfältige Verlinkungen zu Schriften, Archivalien und Sammlungsobjekten zur Geschichte und zu den Anfängen der österreichischen Frauenbewegungen:

Rubriken: Perspektiven | Heldinnen | Bildung | Arbeit | Depot

Die Website wird gleichermaßen als Online-Ausstellung und als Forschungsplattform verstanden. Hier wird möglich, was beim Museumsbesuch meist unmöglich ist: Die Recherche im Depot (Web)

CfP: Wohnen mit Klasse (Publikation); bis: 31.03.2024

kritische berichte. Zeitschrift für Kunst- und Kulturwissenschaften, 2/2025; Amelie Ochs und Rosanna Umbach, Univ. Bremen (Web)

Einreichfrist: 31.03.2024

Wohnen und Klasse hängen zusammen und bedingen sich – spätestens seit der Diskursivierung des Wohnens in der Moderne – wechselseitig. Die Unterscheidung von ‚gutem‘ und ‚schlechtem‘, ‚richtigem‘ und ‚falschen‘ Wohnen ist Teil einer (modernen) Ästhetiktradition, die sowohl mit moralischen Prinzipien als auch mit einer erheblichen (Vor-)Bildproduktion in Kunst und Architektur verschränkt ist – und damit Klassengrenzen markiert. Milieutheorien und Wohnratgeber amalgamieren spätestens seit Mitte des 19. Jhds. Wohnung und Bewohner:innen: Architektonische Strukturen, die darin (an)geordneten Wohndinge, ‚Einrichtungsgeschmack‘ und ‚Lifestyle‘ würden demnach direkte Rückschlüsse auf deren ‚Charakter‘ erlauben. Aus einer klassenbewussten Perspektive lässt sich kritisch fragen, inwiefern hier ökonomische und gesellschaftliche Strukturen un/sichtbar gemacht und Klassenverhältnisse in Bildern des Wohnens, Grundrissen, (Innen-)Architektur und Stadtplanung determiniert werden. Der Imperativ eines vermeintlich ,richtigen‘ Wohnens und Wohnhandelns sowie idealisierte Bilder davon begegnen uns in Kunst und Architektur genauso wie in (Wohn-)Zeitschriften, TV-Serien und auf Instagram. Hier werden Vorstellungen von Klassenverhältnissen im Wohnen verstetigt, die integral daran beteiligt sind, klassistische Ressentiments hinsichtlich Einrichtung, Geschmack und Konsum zu visualisieren und damit zu re/produzieren. Nach wie vor prägt das (Vor-)Bild des bürgerlichen Wohnens als unmarkierte Norm gängige Vorstellungen ,richtigen‘ Wohnens, die zumeist als heteronormativ, kleinfamiliär und weiß ausgewiesen und von Wertvorstellungen der Geschlechter- und Funktionstrennung, von Privatheit und Platz, Kleinfamilie und Komfort, ,geschmackvoller‘ Einrichtung und Eigentum durchdrungen sind. Das prekäre oder gar unbehauste Wohnen bleibt zumeist unerwähnt und wird damals wie heute als individualisiertes Verschulden oder als Scheitern am ‚richtigen‘ Wohnen abgetan.
Anknüpfend an die im deutschsprachigen Raum recht junge Klassismusforschung möchte das Themenheft der kritischen berichte verschiedene Perspektiven versammeln, die Wohnen kritisch entlang von Klassenverhältnissen befragen. Weiterlesen und Quelle … (Web)