Category Archives: Edition_1. Weltkrieg in Selbstzeugnissen

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 62: Tagebucheintrag der Niederösterreicherin Ella Reichel, Dezember 1915, Neulengbach

NL 38 Tagebuch Ella Reichel 1915 12 01Das 10jährige Schulkind Ella Reichel (geb. 1905) aus Neulengbach nahm an veschiedenen „Liebesgabenaktionen“ teil. Sie beteiligte sich – gemeinsam mit ihrer Mutter – an vermittelten Korrespondenzen mit mehreren Soldaten, versendete aber auch Spenden. Im Dezember 1915 notierte sie dazu die diesjährige Weihnachtsspende in einem der Notizhefte, in das sie seit zwei Jahren unregelmäßig tagebuchänliche Aufzeichnungen eintrug.

[ohne Datum]
Päckchen für die Soldaten zu Weihnachten

Eine Schachtel Schwedische Zündhölzer.
1 Bleistift.
ein Nähzeug mit:
3 schwarze Knöpfe
2 Nähnadeln
2 Sicherheitsnadeln
2 Stecknadeln.
das Nähzeug muß 12 cm lang und 9 cm breit sein es muß eine grauer oder ein blauer Fleck sein. Dann ein Taschentuch. eine Feldpostkarte und einen Strähn schwarzen Zwirn. Die Nadeln müßen groß sein. Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 61: Feldpostschreiben von Richard Pöhn an die Mutter in Wien, 2. bis 15. Dezember 1915 von einem unbestimmbaren Ort in Tirol

1915 12 02Der 23jährige Richard Pöhn (geb. 1892) war als Mannschaftssoldat der „Tiroler Kaiserjäger“ an unbestimmbaren Orten in Südtirol „in Stellung“, also direkt in Feuergefechten, eingesetzt. In der regelmäßigen Korrespondenz mit der Mutter und den Geschwistern in Wien, die immer auch „Grüße an alle“ enthalten, formuliert er wiederholt die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 2. Dezember 1915

2./12. 1915
Liebe Mama!
Wie ich dir schon mitteilte habe ich gestern das 4. große Paket erhalten, nochmals vielen Dank. Ich schreib schnell eine Karte das der, der mir das Paket brachte es gleich mitnehmen konnte. So das du es gleich erfahrst. Du kannst dir nicht vorstellen welche Freude ich hatte. Die Lampe ist viel zu schön fürs Feld. Draute mir lange keine verlangen da ich wusste dass du mir eine neue kaufen wirst. Da viel mir die alte ein und ich schrieb darum. Würstl, Rum, Tee, Schokolade, Butter, u. so weiter, alles kamm gut erhalten an. Die letzten 3 Tage ging es gut. 2 Tage je ein kleines am 3 ein großes Paket. Viele herzliche Grüße und Küße von deinem Sohn Richard.
Grüße an alle.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 13. Dezember 1915

13.12. 1915
Liebe Mama!
Wie ich hörte sollen wir in ein bar Tagen abgelöst werden, was uns allen nicht recht ist da es wir hier sehr schön hatten, wenn auch oft sehr langweilig da wir von der Welt ganz abgeschloßen waren. Da kamen wir hierher in ein Quatier auf ein bar Tage ehe wir wieder in eine Stellung gehen. Continue reading

Klicktipp: „Schreiben vom Krieg. Feldpost im Ersten Weltkrieg“ (Weblob)

Historischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster; Alexander Kraus (Hg.)

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Beschreibung: „Briefe von der Front waren für zahlreiche Soldaten die letzte Verbindung in ihr eigentliches Leben. Insgesamt wurden während des Ersten Weltkriegs rund 28,7 Milliarden Briefe und Karten von den Schlachtfeldern in die Heimat und in umgekehrter Richtung verschickt. Sie kontrastieren die offizielle Berichterstattung durch individuelle Perspektiven auf Frontalltag und Kriegserleben. Sie lassen uns teilhaben an Stimmungs- wie Meinungswechseln, kehrten doch zahlreiche Soldaten als überzeugte Kriegsgegner zurück.

Innerhalb zweier Forschungsübungen am Historischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wurden im Wintersemester 2014/15 zwei bislang unedierte Quellensammlungen aus der Region bearbeitet und kommentiert.

Es sind dies zum einen die weit über 700 überwiegend langen Briefe und Bildpostkarten des zu Kriegsbeginn 28-jährigen August Jasper an seine Ehefrau Bernhardine Jasper und ihre beiden Kinder. August Jasper, aus Kattenvenne im Tecklenburger Land, gelernter Anstreicher und Besitzer von ein wenig Vieh Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 60: Tagebucheinträge der Niederösterreicherin Ella Reichel, 22. November 1915, Neulengbach

NL 38 Tagebuch Ella Reichel 1915 11 22Ella Reichel (geb. 1905) wuchs in Neulengbach im Wienerwald auf. Ihre jüngere Schwester Anna war 1909 geboren worden. Seit ihrem 8. Lebensjahr notierte Ella Reichel Tagebuch-Aufzeichnungen und andere Notizen parallel in verschiedenen Kalender- und Notizheftformaten.

Montag 22. XI. 1915.
Seit bereits 3/4 Jahren habe ich nichts geschrieben. Seit 17. IX. 1915 gehe ich wieder in die Schule. Es gefällt mir viel besser als zu Hause lernen. Sommer 1915 hatte ich eine Wanderniere. Gott sei dank ist es schon wieder gut. Belgrad ist von unseren Verbündeten, Bulgaren eingenommen worden. Viele Siege von uns. Vater ist vom Gefreiten zum Korporal und dann zum Zugsführer befördert worden. Mutter an Magengewürm erkrankt. Mußte 14 Tage liegen. Vater an einer Halsentzündung erkrankt mußte ebenfalls zu Hause bleiben. Gestern der Kauf mit einem neuen Klavier abgeschloßen. Heute werden nach längerer Zeit wieder Erdäpfel verkauft. Unser Dienstmädchen Resi M. ist am 17. des Monats ausgetreten. Seit 16. ein neues Mädchen mit Namen Marie R., ist eine Ungarin. Unser Fräul. S. [das Kindermädchen der Schreiberin und ihrer Schwester] ist seit 17. nicht hier. Sie ist zu Ihrem erkrankten Vater gefahren. 4 Freundinnen von mir und ich haben unserer Klassenlehrerin eine Torte zu Ihren Namenstage gekauft nämlich zu Elisabeth [19. November]. Nun aber genug denn es ist schon halb finster. Doch noch etwas Herr Dechant Johann B. gestorben am 30. X. 1915. Vater und ich waren Ihn anschauen. Vorige Woche war hoher Schnee wird sind schon sehr fein gerodelt. Ich habe müssen mir schon die Kerze anzünden, weil ich nichts mehr gesehen habe. (…) Jetzt ist es aber wirklich genug und ich schließe. Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 59: Liebesgaben-/Feldpostkarten von Emanuel B. an die Volksschülerin Ella Reichel von unbestimmten Orten an der „Ostfront“, 21. November 1915 bis 21. Januar 1916

NL 38 Emanuel Binder 1915 11 21Ella Reichel (geb. 1905) ging zur Volksschule in Neulengbach. Ihre Eltern führten hier am Hauptplatz eine Eisenwarenhandlung. Seit April 1915 korrespondierte sie mit dem aus Sibiu/Hermanstadt gebürdigen Leutnant Emanuel B. Der Postkontakt zwischen dem Schulkind und dem ihr nicht persönlich bekannten Soldaten war durch die Schule hergestellt worden. Im Laufe der Zeit ergab sich auch eine Korrespondenz zwischen der Mutter der Schülerin und dem Schreiber, der ab Jänner mit „Lt“ statt dem bisherigen „Fhn“ unterschrieben hat, also befördert worden war.

Feldpostkarte, 21. November 1915

21/XI 915.
Liebe kleine Ella! Deinen Brief den du mir am 12/X. geschrieben hast, habe ich erst heute zur Hand bekommen. Es freut mich wirklich auch, daß ich euch eine Freude bereitet habe mit meinem Bild [eine Fotografie, die er im Brief vom 21. September 1915 geschickt hat]. In erster Linie danke ich deiner Zigaretten, die vielleicht einem anderen eine Freude bereitet hat. Dann danke ich recht vielmals für die Glückwünsche von deinen lieben Eltern, indem ich sie auch zur gleichen Zeit recht herzlich grüße. Dich aber grüße ich auch recht herzlichst, schreibe recht bald. Handkuß an deine liebe Mama B.fhn [Fähnrich]

Feldpostkarte, 3. Dezember 1915

3/XII. 915.
Liebe Ella! recht herzliche Grüße sende Ich dir. Handkuß an Frau Mama. B.fhn

Postkarte ohne Datum (Poststempel 31.12.1915)

Recht fröhliche Weihnachten wünsche ich euch allen B.fhn

Feldpostkarte ohne Datum

Prosit Neujahr wünsche ich allen B.fhn

Feldpostkarte, 28. Dezember 1915 von Emanuel B. an Anna Reichel [Mutter von Ella Reichel] Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 58: Tagebuch von Bernhardine Alma, 5. November 1915, Wien

NL 09 Alma Bernhardine 1915 11 ß5Die 20jährige Wienerin Bernhardine Alma (geb. 1895) erledigte seit Winter 1915 mehrmals in der Woche unbezahlte Schreibarbeiten für das Rote Kreuz. Im November 2015 wurde sie dafür mit der von Erzherzog Franz Salvator von Österreich-Toskana patronierten silbernen Ehrenmedaille ausgezeichnet.

5. November 1915. Freitag, abends.
„Dort haben wir volle Einsicht – volle Klarheit – volle Sicherheit und Freude!“ Wenn ich bestimmt weiß, daß ich nach dem Tod bestimmt glücklich werde, warte ich ja gerne lang. „Keines Menschen Aug‘ hat er gesehen. – –“ u.s.w. Der kleine Kater hat ein wehes Haxerl. Kranke Tiere sind so süß! – Dem S. [einem Soldaten, den die Schreiberin regelmäßig im Krankenhaus besucht hatte] hab ich schon eine Karte geschickt. Ich muß mich aber noch für den Bonifazius-Brief [?] bedanken.

Die Minna B. [eine Kollegin im Kriegshilfsdienst] ist so herzig zu mir! Die Anny ist auch sehr nett gegen mich. Wirklich. Gestern nachdem die Vorstandsdamen eine Weile beim Sektionschef gewesen waren, rief die Fr. v P. mich und das Frl. S. zu demselben. Von den anderen Damen war[en] auch nicht gar viel. Drinnen hielt uns der Sektionschef eine Ansprache, daß uns der Erzherzog Franz Salvator die silberne Ehrenmedaille mit der Kriegsdekoration verliehen habe. Er gratulierte, gab uns die Hand und einen Bogen, wo es drauf stand. Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 57: Feldpostschreiben von Richard Pöhn an die Mutter in Wien, 19. Oktober bis 20. November 1915 von einem unbestimmbaren Ort in Tirol

1915 10 19Der junge Wiener Richard Pöhn (geb. 1892) war seit Kriegsbeginn an der östlichen, seit August 1915 an der Italien-Front stationiert. Im September 1915 wurde er nach Tirol versetzt. Er korrespondierte regelmäßig mit seiner Mutter und den Geschwistern in Wien und berichtete dabei destailliert von seiner jeweils aktuellen Situation als Mannschaftssoldat. Insbesondere das Funktionieren der Feldpost und die Notwendigkeit von Paketsendungen waren weitere wiederkehrende Themen. Im Herbst 1915 kommen auch Fehl-Informationen über den Kriegsverlauf sowie die Umstände der Informations-Übermittlung via „Hören-Sagen“ zur Sprache.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 19. Oktober 1915

19./10. 1915
Liebe Mama!
Ich habe heute den Brief vom 14./10. erhalten in dem du mir mitteilst, das du weist wo ich bin. Daß in Hacking ein Freulein wohnt die euch sagte, dass ich in einer hartumstrittenen Stellung bin, bitte last euch ja nicht von Leuten in Kopf voll machen die nichts wissen von dieser Stellung sind wir schon seit 26./9. Abgelöst, die 3 Wochen als wir dort waren haben weder wir noch die Italiener einen angriff gemacht, erst als wir fort waren. Das war noch in Küstenland. Wir sind in Tirol in einer schönen Stellung, wie ich dir schon mitteilte habe ich Paket 19, 16, 17, 18 erhalten. Ich bin gesund geht mir gut. Viele, viele herzliche Grüße und Küße von deinem Sohn Richard
Grüße an alle.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 1. November 1915

1./11.1915
Liebe Mama!
Ich habe heute Brief von 24./10. 27./10. erhalten. Ich teilte es so mit das wir deutsche Soldaten ablösten das sind die, die durch Wien fuhren. Hast du die Karte nicht erhalten? In der Blockhütte sind wir 15 Mann. Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 56: Tagebuch von Augusta S., Herbst 1915, Altlengbach

NL 97 S. 1915 HerbstAugusta Carolina S. (geb. 1877) war als Tochter eines Baumeisters in Enns aufgewachsen, ihr Mann Franz S. aus Baden bei Wien war als Rechnungsführer bei einer Baufirma tätig gewesen. Zur Zeit des Ersten Weltkriegs führte Augusta Carolina S. alleine eine Gemischtwarenhandlung in Altlengbach. Im Frühjahr 1915 war ihr viertes Kind zur Welt gekommen. Franz S. war Anfang des Jahres krankheitsbedingt vom Frontdienst zur Wasserleitungs-Wache in Altlengbach versetzt worden.

Im Herbst 1915
Willi [der älteste Sohn der Schreiberin, geb. 1904] kommt nach Neulengbach in die Familie (das Haus) eines Lehrers (G.) um die Bürgerschule besuchen zu können. – Es macht viel Sorge jetzt die Kinder außer Haus zu geben – es ist Krieg! u. gibt überall Mangel u. Entbehrung. Von Zuhause kommen Nachrichten d. h. Mizzi [Schwester der Schreiberin in Enns] teilt mir mit daß Vater kränkelt; – ich will ihn besuchen. Onkel Ferdinand u. Tante Hanna [frisch verheiratetet Schwager und Schwägerin, die bisher im gemeinsamen Haushalt lebten] sind nach Wiener-Neustadt gezogen. – es ist wieder leerer im Hause. – In einigen Monaten werden auch sie ein Kinderl haben.

Im Winter 1915
Willi kommt jeden Ferientag herüber – er ist brav; hie u da besuch‘ ich ihn. Fränzi [die jünsste Tochter der Schreiberin, geb. im Frühling 1915] wird schon recht munter u. kräftig, sie hat neulich das volle Michflascherl mit einem Handerl aufgehoben, hielt’s über den Rand des Wagerls hinaus u. „patsch!“ lag‘s am Boden. Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 55: Tagebuch von Bernhardine Alma, 12. bis 14. September 1915, Wien

NL 09 Alma Bernhardine 1915 09 12Die junge Wienerin Bernhardine Alma (geb. 1895) leistete seit Winter 1915 mehrmals in der Woche unbezahlte Schreibarbeiten für das Rote Kreuz. Im Sommer plante sie, dafür Russisch zu lernen. Seit einigen Monaten besuchte sie zudem regelmäßig Soldaten in mehreren Spitälern. Hier hatte sie den Offizier Jaro G. kennengelernt. Nachdem sie sich im Juli 1915 nähergekommen waren, war der Kontakt derzeit abgebrochen. Bernhardine Almas ältere Schwester Cora (geb. 1890) war bereits mit einem Offizier verheiratet. Da er im Kriegsdienst war, wohnte Cora Alma weiterhin bei den Eltern.

12. September 1915, abends
Wenn nur der Krieg einmal ein Ende nehmen wollte. Es ist doch alles auf Erden vergänglich, warum dann der Krieg nicht auf einmal! Ich habe Schwielen an den Händen, weil diesmal der Teig zum Auswalken so hart war wegen des diesmaligen Mehles. –
Heute war ich beim Pfarrer beichten; er war nämlich richtig lieb und ernst und sprach mir so lieb zu. – (…) Dann empfing ich die heilige Communion und einen Anlaß habe ich auch. Aber das gehört für die gefallenen Soldaten (aller Nationen!), für unsere aber am meisten. Der Pfarrer war so herzig. –
Vom S. [einem Soldaten, den die Schreiberin regelmäßig im Krankenhaus besucht hatte] bekam ich einen Dankbrief, er wird mich in seinem ganzen Leben nicht vergessen! Heute war ich nicht im Spital (…) aber heute in 8 Tagen werde ich gewesen sein! – dafür habe ich Marius [jüngerer Bruder, geb. 1902] in Gebrauch stehendes Leintuch geflickt etz. Die Katze von unten war viel heroben. Die ist sehr herzig und kommt gerne. Morgen muß ich zeitlicher ins R.K. [Rotes Kreuz] gehen. Heute badete ich (…) Unten ruft einer mit Extra Ausgaben einen Hindenburgsieg aus! – Ach, der Hindenburg! Continue reading

Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 54: Feldpostschreiben von Richard Pöhn an die Mutter und Schwester in Wien, 21. August bis 12. September 1915 von einem unbestimmbaren Ort in Italien

1915 08 20Richard Pöhn (geb. 1892) war seit Anfang August 1915 an der Front in Italien eingesetzt. In der Korrespondenz mit der Familie in Wien waren das Funktionieren der Feldpost und Wünsche für Paketsendungen wiederkehrende Themen, wobei anklingt, dass die Soldaten auf materielle Unterstützung durch Angehörige oder Liebesgaben angewiesen waren. Richard Pöhn berichtete weiters von seinem Alltag und den Strapazen als Mannschaftssoldat sowie von Freunden in der Kompanie, mit denen seine Schwester „Addy“ offenbar (unbekannterweise) Liebesgaben-Korrespondenzen führte, die er initiiert hat.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 21. August 1915

21./8. 1915
Liebe Mama!
Wie ich dir schon mitteilte sind wir von diesem Ort von wo ich dir zuerst schrieb weckmaschiert, über einen 800 m hohen Berg dann ging es meist oben fort. Ein Marsch von 40 km in 24 Stunden. Hier liegen wir in einem Tal umgeben von lauter hohe Bergen.
Von weitem hören wir Kanonendonner. Es ist hier sehr schön, wäre aber schöner im Frieden. Nachts gehen meistens Gewitter nieder. Solange wir in Reserfe sind geht es uns immer besser bekommen täglich ½ L Wein, am 18./8. [Geburtstag von Kaiser Franz Joseph I.] bekammen wir auch Käse Sadinen u. eine Schachtel erfrischungs Bombons. Die Kost ist immer die gleiche, früh Kaffee mittag Rindfleisch mit Bohnen Reis oder Gerstel Suppe. Ich bin gesund. Geht mir gut.
Viele herzliche Grüße von Richard Continue reading