Ella Reichel (geb. 1905) wuchs in Neulengbach im Wienerwald auf. Ihre jüngere Schwester Anna war 1909 geboren worden. Seit ihrem 8. Lebensjahr notierte Ella Reichel Tagebuch-Aufzeichnungen und andere Notizen parallel in verschiedenen Kalender- und Notizheftformaten.
Montag 22. XI. 1915.
Seit bereits 3/4 Jahren habe ich nichts geschrieben. Seit 17. IX. 1915 gehe ich wieder in die Schule. Es gefällt mir viel besser als zu Hause lernen. Sommer 1915 hatte ich eine Wanderniere. Gott sei dank ist es schon wieder gut. Belgrad ist von unseren Verbündeten, Bulgaren eingenommen worden. Viele Siege von uns. Vater ist vom Gefreiten zum Korporal und dann zum Zugsführer befördert worden. Mutter an Magengewürm erkrankt. Mußte 14 Tage liegen. Vater an einer Halsentzündung erkrankt mußte ebenfalls zu Hause bleiben. Gestern der Kauf mit einem neuen Klavier abgeschloßen. Heute werden nach längerer Zeit wieder Erdäpfel verkauft. Unser Dienstmädchen Resi M. ist am 17. des Monats ausgetreten. Seit 16. ein neues Mädchen mit Namen Marie R., ist eine Ungarin. Unser Fräul. S. [das Kindermädchen der Schreiberin und ihrer Schwester] ist seit 17. nicht hier. Sie ist zu Ihrem erkrankten Vater gefahren. 4 Freundinnen von mir und ich haben unserer Klassenlehrerin eine Torte zu Ihren Namenstage gekauft nämlich zu Elisabeth [19. November]. Nun aber genug denn es ist schon halb finster. Doch noch etwas Herr Dechant Johann B. gestorben am 30. X. 1915. Vater und ich waren Ihn anschauen. Vorige Woche war hoher Schnee wird sind schon sehr fein gerodelt. Ich habe müssen mir schon die Kerze anzünden, weil ich nichts mehr gesehen habe. (…) Jetzt ist es aber wirklich genug und ich schließe.
Sammlung Frauennachlässe NL 38
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Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 60: Tagebuch von Ella Reichel, Datum, SFN NL 38, unter: URL