Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 57: Feldpostschreiben von Richard Pöhn an die Mutter in Wien, 19. Oktober bis 20. November 1915 von einem unbestimmbaren Ort in Tirol

1915 10 19Der junge Wiener Richard Pöhn (geb. 1892) war seit Kriegsbeginn an der östlichen, seit August 1915 an der Italien-Front stationiert. Im September 1915 wurde er nach Tirol versetzt. Er korrespondierte regelmäßig mit seiner Mutter und den Geschwistern in Wien und berichtete dabei destailliert von seiner jeweils aktuellen Situation als Mannschaftssoldat. Insbesondere das Funktionieren der Feldpost und die Notwendigkeit von Paketsendungen waren weitere wiederkehrende Themen. Im Herbst 1915 kommen auch Fehl-Informationen über den Kriegsverlauf sowie die Umstände der Informations-Übermittlung via „Hören-Sagen“ zur Sprache.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 19. Oktober 1915

19./10. 1915
Liebe Mama!
Ich habe heute den Brief vom 14./10. erhalten in dem du mir mitteilst, das du weist wo ich bin. Daß in Hacking ein Freulein wohnt die euch sagte, dass ich in einer hartumstrittenen Stellung bin, bitte last euch ja nicht von Leuten in Kopf voll machen die nichts wissen von dieser Stellung sind wir schon seit 26./9. Abgelöst, die 3 Wochen als wir dort waren haben weder wir noch die Italiener einen angriff gemacht, erst als wir fort waren. Das war noch in Küstenland. Wir sind in Tirol in einer schönen Stellung, wie ich dir schon mitteilte habe ich Paket 19, 16, 17, 18 erhalten. Ich bin gesund geht mir gut. Viele, viele herzliche Grüße und Küße von deinem Sohn Richard
Grüße an alle.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 1. November 1915

1./11.1915
Liebe Mama!
Ich habe heute Brief von 24./10. 27./10. erhalten. Ich teilte es so mit das wir deutsche Soldaten ablösten das sind die, die durch Wien fuhren. Hast du die Karte nicht erhalten? In der Blockhütte sind wir 15 Mann. 1 Katettasperant, 12 Jägern von der Comp., 2 Telifonisten von der Telifonabt. Den wir haben einen [Apparat] in der Hütte. Von Onkel Pöhn habe ich das Paket noch nicht. Die nordreinjischen Sadinen kenne ich, wir bekommen sie u. da eine solche Schachtel 2 Mann […]. Sie sind auch sehr gut kannst mir bitte auch solche senden. Das ich das große 3. Paket erhalten habe wirst du wohl schon wissen, schreibe das 3. Mal dafon. Ich bin gesund geht mir gut. Viele viele herzliche Grüße u. Küße von deinem Sohn Richard
Grüße an alle.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 5. November 1915

5./11. 1915
Liebe Mama!
Bekombst du auch so wenig Post von mir? Ich habe schon 5 Tage außer der Karte von 30./10. Nichts erhalten. Von den kleinen Paketen fehlen mir 19, 21, 22, 23, 24, vor zirka 1 Woche erhielt ich Paket 20. Seit dem keines mehr. Ich fragte die Deutschen wie bei ihnen die Post geht, sie sagten es kommt högst selten vor, das einer /einen/ Brief oder Paket nicht bekommen hat. Also ist nur bei uns diese Schweinerei. Wir haben schon ½ m Schnee! Bitte liebe Mama sende mir eine Haussalbe und einen gr. Blechschachtel von die Ketinen oder Dames [zwei Zigarettenmarken], wo ich in Zigarettenvorrad hineingebe wenn ich einen habe. Bin gesund geht mir gut. Viele herzliche Grüße von Richard
Grüße an alle.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 12. November 1915

12./11. 1915
Liebe Mama!
Ich habe gestern Paket 26 erhalten, vielen herzlichen Dank. Sonst ist alles beim alten. Ich bin gesund geht mir gut. Viele herzliche Grüße und Küße von Deinem Sohn Richard.
Grüße an alle.

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 16. November 1915

16./11. 1915
Liebe Mama!
Ich habe seit 7./11. keine Nachricht, so schlecht wie jetzt die Post geht weis ich noch nie seid ich im Felde bin. Bekomme keine Karte, kein Paket, von Onkel habe ich das Paket auch nicht erhalten. Zigaretten habe ich auch keine mehr, gestern habe ich das erste mal aus der Pfeife geraucht. Es ist nicht schlecht aber Zigaretten sind mir doch lieber. Ich bin gesund geht mir gut. Viele viele herzliche Grüße und Küße von deinem Sohn Richard.
Grüße an alle

Feldpostkarte an die Mutter Amalie Pöhn, 20. November 1915

20./11.1915
Liebe Mama!
Ich habe heute das große 4. Paket erhalten. Vielen herzlichen Dank. Viele herzliche Grüße und Küsse von deinem Sohn Richard.
Grüße an alle.

Sammlung Frauennachlässe NL 20

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Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 57, Briefe von Richard Pöhn, Datum, SFN NL 20, unter: URL