Monthly Archives: Oktober 2023

Tagung: Von der Arbeiterbewegungsgeschichte zur Neuen Kulturgeschichte. Bilanz und Perspektiven, 14.11.2023, Wien

2. Hans-Hautmann-Kolloquium: Alfred Klahr Gesellschaft (Web), Institut für Historische Sozialforschung und ITH – Internat. Tagung der HistorikerInnen der Arbeiter- und anderer sozialer Bewegungen (Web)

Zeit: 14.11.2023, 16.00-21.00 Uhr
Ort: AK Wien, Prinz Eugen Str., 1040 Wien

Der Stellenwert der Arbeiterbewegungsgeschichte hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend geändert. Ende der 1960er-Jahre haben Forschungen über die Geschichte der ArbeiterInnenbewegung in Österreich einen großen Aufschwung genommen. Sie wurde zu einem alternativen Wissenschaftsparadigma, nicht zuletzt aufgrund der Publikationsreihen des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Linz, wo auch Hans Hautmann tätig war. In den 1970er- und 1980er-Jahren griff die Arbeitergeschichte verstärkt Anregungen der Sozialgeschichte auf. Es folgte eine Ausweitung des Themenspektrums hin zur „Geschichte von unten“. Mit der „Wende“ in Osteuropa in den Jahren 1990/91 geriet auch die Geschichtsschreibung der Arbeiterbewegung in die Krise. Seither hat sich der wissenschaftliche Mainstream von der Sozial- zur Neuen Kulturgeschichte verschoben. Heute ist sie weitgehend in der Kulturgeschichte aufgegangen.

Programm

16.00-18.15 Uhr

  • Helmut Konrad (Univ. Graz): Zur Geschichtsschreibung der österreichischen Arbeiterbewegung
  • Veronika Helfert (Central European Univ.): Arbeiterbewegungsgeschichte als Frauen- und Geschlechtergeschichte: Frauen in der österreichischen Rätebewegung
  • Winfried R. Garscha (DÖW): Die ITH als Netzwerk, Drehscheibe und Reflexionsraum
  • Florian Wenninger (Inst. für Historische Sozialforschung): Der 12. November 1918 und die österreichische Revolution. Historiografische und geschichtspolitische Betrachtungen
  • Moderation: Claudia Kuretsidis-Haider (DÖW)

18.45-20.00 Uhr: Round Table „Perspektiven der Arbeitergeschichte“

CfP: Normierungen, Normalisierungen und neue Ambivalenzen im Sozialstaat (ZS Femina Politica); bis: 30.11.2023

Femina Politica. Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft; Herausgeberinnen: Agnes Blome und Julia Lepperhoff (Web)

Einreichfrist: 30.11.2022

Die industrialisierten Sozialstaaten des Globalen Nordens institutionalisieren durch Rechte und Leistungsansprüche und durch funktional ausdifferenzierte Organisationen der Umverteilung Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die zu Ein- und Ausschlüssen entlang von Geschlecht, Klasse, Race, Behinderung, Sexualität und Nationalität führen. Darin eingeschrieben sind sozialstaatliche Leitbilder, die gesellschaftliche Vorstellungen über Geschlechtlichkeit und intersektionale Ungleichheiten repräsentieren und in ihrer normativen Wirkmächtigkeit hierarchisierend und lebenslaufstrukturierend soziale Verhältnisse beeinflussen.
So prägen die Norm und Normalität des Ernährermodells die in der Wohlfahrtsstaats-Forschung häufig als „konservativ“ beschriebenen Sozialstaaten, wie z.B. Westdeutschland oder auch Österreich, bis heute maßgeblich. Diese Ordnung ist inzwischen allerdings durch Erosionsprozesse gekennzeichnet und von widersprüchlichen sozialpolitischen Entwicklungen überformt. Insbesondere das Hinzutreten der Leitidee eines Zweiverdienermodells in einem sozialen Investitionsstaat, der die allgemeine Erwerbstätigkeit für alle Geschlechter in den Mittelpunkt rückt, hat hierzu maßgeblich beigetragen. Die forcierte Ausrichtung auf eine Erwerbsbürger*innengesellschaft schreibt nicht nur die Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt als zentrale Bedingung für daran geknüpfte Rechte und Leistungen fest, sondern knüpft auch den sozialen Status an die Idee eines eigenverantwortlichen, unabhängig handelnden und flexibilisierten Subjekts.
Dieser sozialstaatliche wie gesellschaftliche Wandel führt z.B. in Deutschland zu ambivalenten Entwicklungen: So steht die gewachsene Teilhabe am Arbeitsmarkt und damit verbundene Autonomiegewinne von Frauen* und anderen geschlechtlich marginalisierten Menschen anhaltenden geschlechterbezogenen Ungleichheiten am Arbeitsmarkt gegenüber, die durch die Verwobenheit verschiedener Ungleichheitsverhältnisse innerhalb der Gruppe der Frauen* weitere Achsen der Ungleichheit zum Tragen bringen. Einige Reformen der Familienpolitik, des Rentensystems oder der Arbeitsmarktpolitik läuten einerseits den Abschied vom normativen Leitbild des Ernährermodells ein, während andere die ausgeprägte Erwerbszentrierung des Sozialstaats verschärfen. Weiterlesen … (PDF)

Klicktipp: Webportal “Frauen in Bewegung 1848-1938”: Persönliche Netzwerke können visualisiert aufgerufen werden (Portal)

Frauen in Bewegung 1848–1938 (Web)

Haben Sie sich auch schon immer gefragt, welche persönlichen Netzerke eine bestimmte Feministin der Ersten Frauenbewegung hatte? Auf dem Portal “Frauen in Bewegung 1848–1938” können diese direkt nachvollzogen werden.
Ein 2021 präsentiertes Feature macht es möglich, auf der Site die Verbindungen zwischen (einer Auswahl von) Akteurinnen und Frauenvereinen in dynamischen Grafiken anzuzeigen. (Mobiltelefonbildschirme können diese Funktion nicht anzeigen.) Damit lassen sich die Vernetzungen und verbindende Themen von über 600 Frauen und rund 400 Organisationen entdecken – zusätzlich zur Fülle an Informationen, Publikationen und Dokumenten in Volltext.
Ein besonders vielfältiges und dichtes Netzwerk kann dabei zum Beispiel für Charlotte von Königwarter (geb. von Wertheimstein, 1841-1929) belegt werden, das hier exemplarisch herausgegriffen wird (Link).

Das Webportal „Frauen in Bewegung 1848–1938“
„Frauen in Bewegung 1848–1938“ wird von Ariadne betrieben. Ariadne ist eine Abteilung der Österreichischen Nationalbibliothek – ÖNB.
Auf dem Portal werden die Aktivitäten aus 90 Jahren Frauenbewegung in Österreich präsentiert. Verfügbar sind hier Kurzvorstellungen von mehreren hundert Personen und Frauenorganisationen sowie Nachweise zu Quellen, Sekundärliteratur und Archivbeständen. Das Webportal wurde 2020 komplett neu gestaltet (Link).

Matinée am Sonntag: Monika Vysiouzil: Ilse Arlt, 22.10.2023, Wien

Reihe „Namensgeberinnen der Seestadt“ (Web)

Ort: Yella Yella!, Maria-Tusch-Str. 2/1, Seestadt, 1220 Wien
Zeit: So., 22.10.2023, 11.30 Uhr

Ilse (von) Arlt (1876-1960) erkannte das Fehlen einer Wissenschaft zur Beseitigung von Not und Elend und gründete 1912 die erste „Fürsorgerinnenschule“ von Österreich-Ungarn in Wien (Web). Bei der Matinée am Sonntag werden ihr Leben, ihr Engagement und ihre Arbeit vorgestellt.

Monika Vysiouzil ist ehemalige stv. Leiterin des Ilse Arlt Instituts und des Department Soziales der FH St. Pölten. (Web)

Moderation: Birge Krondorfer. Eine Kooperation der Frauenhetz (Web) mit dem Nachbar_innentreff Yella Yella. Die Veranstaltung ist offen für alle Besucher*innen.

Brunch gibt es ab 10:00 Uhr (Web).

Tagung: PERFORMANCE/ARCHIV: Medien des Dokumentierens und Aufzeichnens, 16.-17.11.2023, Linz

VALIE EXPORT Center Linz (Web)

Zeit: 16.-17.11.2023
Ort: Linz

Die Tagung widmet sich den Widersprüchen – und den Übersetzungen – zwischen Aufführungskünsten, Archivprozessen und kuratorischen Praktiken. Es geht um die vielfältigen Beziehungen zwischen Performance-Praktiken, Verfahren der Dokumentation und Medien der Aufzeichnung, die Anschaulichkeit und Wissen produzieren. Welche Bezugnahmen auf die Geschichte und Gegenwart der Performance Art ermöglichen das Dokumentieren und Aufzeichnen in Kunst und Wissenschaft, in Archiven und Ausstellungen, in Schreibweisen und Katalogen, bei Installationen und Festivals? Die Tagung widmet sich den ästhetischen Verfahren, kollaborativen Handlungsräumen und Überlieferungsprozessen von Performance-Dokumentationen, um sie als eigenständige Beiträge zu einem medientheoretischen Diskurs über Gegenwartskunst zu erschließen.

Programm (Web)

Sektionen: SCHREIBEN IM DOKUMENT | DAS BUCH ALS ARCHIVRAUM | IMAGES AND INTERACTIONS | THE TIME(S) OF PERFORMANCE | DOKUMENTIEREN IM PROZESS | PERFORMANCES SAMMELN UND AUSSTELLEN | OPERATIONS AND PROTOCOLS

Konzeption: Barbara Büscher, Franz Anton Cramer, Ulrike Hanstein, VALIE EXPORT Center Linz

Vorträge: „Tear The Fascists Down“ – Zum Verhältnis von Feminismus, Antifaschismus und der Erinnerung an den Nationalsozialismus, 18.10.2023, virtueller Raum

Veranstaltungsreihe „Zwischen Institution und Utopie“; Johanna Grubner, Kathrin Haase, Josephine Hedderich, Nina Hückstädt, Melinda Matern und Mira Anneli Naß (Web)

Zeit: 18.10.2023, 18.30 Uhr
Ort: virtueller Raum

Mit dem weltweiten Erstarken der extremen Rechten und ihrer Verharmlosung als Rechtspopulismus ist es nötig, sich mit antifaschistischer Politik und Praxis sowie mit der NS-Vergangenheit auseinanderzusetzen. Einen besonderen Blick bietet dabei eine feministische Perspektive, die nicht nur das Zusammenwirken von patriarchaler und faschistischer Herrschaft thematisiert, sondern die ebenfalls die (Mit-)Täterinnenschaft wie auch marginalisierten Positionen von Frauen(*) im Faschismus und NS erinnert und benennt. Diese zwei Vorträg aus der Reihe „Es ist nichts zwischen uns“ beschäftigen sich mit diesem Thema:

  • Sina Speit: Die autonome Frauenbewegung und Erinnerung an den NS – Gespräch, Identifikation, Konflikte

Die neue Frauenbewegung der 1970er und -80er Jahre schuf einen erinnerungskulturellen Zugang zu weiblichen Erfahrungen im NS. Doch diese Perspektive schloss andere aus, und so stritten marginalisierte Frauen um Sichtbarkeit und Teilhabe. Der Vortrag fokussiert diese Konflikte in der feministischen Erinnerung an den NS.
Sina Speit, Historikerin, lebt in Berlin und forscht zur Geschichte der Frauenbewegung(en) und zur Erinnerung an den Nationalsozialismus.

  • Juliane Lang: Antifa und Feminismus – Szenen einer unglücklichen Ehe

Das Verhältnis von antifaschistischer und feministischer Bewegung ist kein einfaches. Dies findet sich wieder im Verhältnis der aus beiden Bewegungen hervorgegangenen Forschungsdisziplinen – der Frauen- und Geschlechterforschung sowie der Rechtsextremismusforschung. Der Vortrag geht dem historisch nach und formuliert ein Plädoyer für Continue reading

CfP: The Work and Legacy of Minnie Bruce Pratt (Publication); by: 15.01.2024

Journal of Lesbian Studies; Taylor Marie Doherty, Julie R. Enszer, Laura Harris, Sy Heying, and Amanda Mixon (Web)

Proposals by: 15.01.2024

On July 2, 2023, Minnie Bruce Pratt died at the age of 76 after a brief illness resulting from a glioblastoma. (Obituaries are available here and here.) Pratt leaves behind an important body of creative, theoretical, and political work as a gift and legacy to scholars, activists, cultural workers, writers, poets, and readers.
While Pratt’s creative output has been examined in a number of scholarly works (a bibliography is available here), more work remains. A collective of scholars has come together to curate and edit an issue of The Journal of Lesbian Studies (Web) on the work and legacy of Minnie Bruce Pratt. This Call for Proposals is an invitation to think and write about Minnie Bruce Pratt, her work, and her legacy.
How did Pratt’s work create pathways for queer families to form? How are key texts by Pratt, such as Crime Against Nature and S/HE resonating with contemporary readers and activists? How does Pratt’s political activism provide community organizing strategies for the contemporary moment? How does Pratt’s writings about her relationship with Leslie Feinberg dialogue with recent work in trans studies? How does Pratt’s feminist pedagogy inform contemporary methods for teaching in a time of political pushback against critical race theory and LGBTQ studies? What are Pratt’s contributions to southern literature and literary traditions? Why are Pratt’s methods of collaboration and collectivity significant? What can we learn from Pratt’s collaborative work? What is the significance of Pratt’s teaching at a HBCU? How was Pratt situated (or not) in the neoliberal academy, and what can be learned from that?
For this issue, the editors – Taylor Marie Doherty, Julie R. Enszer, Laura Harris, Sy Heying, and Amanda Mixon – seek work that embraces and responds to the many elements of Pratt’s work and life. Yes, the editors invite articles about her poetry and creative prose, as are articles that engage her activism with LIPS, Worker’s World, Camp Trans, and other political formations. Yes, the editors imagine articles that consider Pratt’s theoretical interventions in feminist and lesbian theory through her essays in Yours In Struggle and Rebellion as well as material that examines her personal and political investments in the South or the women in print movement. Continue reading

Klicktipp: fernetzt – der Blog für die Frauen- und Geschlechtergeschichte: Knapp 100 Beiträge online (Weblog)

fernetzt. Verein zur Förderung junger Forschung zur Frauen- und Geschlechtergeschichte (Web)

Gibt es Überschneidungen in den Forderungen der Umwelt- und Klimaschutzbewegung und der Frauen*Bewegung? Welche Formen militärischer Männlichkeiten wurden nach Zusammenbruch der k. u. k.-Monarchie verhandelt? Welche innovativen Wohnkonzepte für Single-Frauen wurden in der Zwischenkriegszeit ausprobiert? Und wie geschlechter(un)gerecht sind Bestände von Kulturarchiven zusammengesetzt? Das sind einige der Fragen, die in den zuletzt veröffentlichte Beiträge in „fernetzt – der Blog“ gestellt werden.
Der Weblog ist 2015 online gegangen, um Impulse für Diskussionen zu setzen und um die Sichtbarkeit junger – bzw. nicht institutionalisierter – Forschung zu erhöhen. Er ist ehrenamtlich organisiert und hat inzwischen 90 inhaltliche Beiträge publiziert. Herausgeberin ist der Verein fernetzt. Dieser wurde 2011 gegründet als Raum für Diskussionen, den Austausch über den Forschungsalltag und gegenseitige Unterstützung (Web).

Bisherige Posts im Weblog (Web)

  • Kassandrarufe im Natur- und Umweltschutz. Frauenstimmen in der Umweltgeschichte; von Katharina Scharf (Link)
  • Der „Arbeiter im Waffenrock“ in der österreichischen Volkswehr; von Viktoria Wind (Link)
  • (Kultur-)Archive und Gender; von Verena Lorber (Link)
  • Häusliche Gewalt vor Schariagerichten im habsburgischen Bosnien-Herzegowina; von Ninja Bumann (Link)
  • Unterbringung von Singlefrauen in der Stadt. Soziales Denken hinter dem Wohndesign in der Zwischenkriegszeit; von Peirou Chu (Link)
  • Feministisch Kuratieren!; von Anna Jungmayr & Alina Strmljan (Link)
  • „Mutlosigkeit zum Kind“. Schwangerschaftsabbruch im Nachkriegsdeutschland; von Anna Leyrer (Link)
  • Feministische Forschung: für immer, für alle; von Sonja Edler (Link)
  • Wenn Welten kollidieren. Auf den Spuren von Frauen im spätmittelalterlichen Wien; von Carina Siegl Continue reading

Tagung: (Wiener) Profile der Sozialgeschichte. Generationen-Perspektiven in Memoriam Michael Mitterauer & eine Hommage an Franz X. Eder, 09.-10.11.2023, Wien

Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Univ. Wien (Web)

Zeit: 09.-10.11.2023
Ort: C3 – Centrum für Internat. Entwicklung, Senseng. 3, 1090 Wien
Anmeldung: bis 06.11.2023 an: wirtschaftsgeschichte@univie.ac.at

Programm (PDF)

Panels

  • Sozialhistorische Aufbrüche – seit den 1970er Jahren: mit Ludolf Kuchenbuch, Kristina Popova, Jürgen Schlumbohm und Claudia Ulbrich
  • Dokumentation lebensgeschichtlicher Aufzeichnungen: mit Gert Dressel und Günter Müller
  • Für eine Neue Sozialgeschichte – Reflexionen: mit Gadi Algazi, Juliane Schiel, Simon Teuscher, Christof Jeggle, Michaela Hohkamp, Janine Maegraith, Mischa Suter, Christian De Vito, Matthias Ruoss und Oliver Kühschelm

Podiumsdiskussionen

  • Wiener Wege: mit Franz X. Eder, Peter Eigner, Andrea Pühringer und Hannes Stekl
  • Sexualität, Konsum – und das Ende des Wiener Wegs?: mit Paul Hontrich, Aris Kafantogias, Mario Keller, Johann Kirchknopf, Karin Moser und Stefan Ossmann

Festvortrag: Reiner Keller: Die Umordnung der Diskurse

Organisatorinnen: Margareth Lanzinger, Juliane Schiel, Annemarie Steidl und Michaela Hafner

CfP: Religion und politisches Engagement von Frauen (Event, 10/2024, Berlin); bis: 15.01.2024

Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus; Gudrun Kruip (Web)

Zeit: 24.10.2024
Ort: Berlin
Einreichfrist: 15.01.2024

Religion dient häufig – nicht immer – der Stabilisierung von Ordnung: Sie bietet Trost und Erklärungen für die Ungerechtigkeiten der Welt und macht die bestehenden Strukturen damit erträglicher. So scheint Religion auf den ersten Blick eher im Konservatismus als in liberalen oder progressiven Bewegungen verortet. Insbesondere orthodoxe Formen der Religion verfolgen in aller Regel ein repressives dichotomisches Geschlechterschema, das Frauen von der Öffentlichkeit und von der Macht ausschließt und sie explizit dem reproduktiven Bereich zuordnet. Das mag ein Grund sein, warum religiöse Motive und religiöse Aktivitäten von Frauen selten in den Blick geraten, wenn es um die Geschichte der Politisierung von Frauen und um ihr politisches Engagement geht. Doch trug Religion keineswegs nur zum Ausschluss der Frauen aus der Politik bei. Seit langem etwa verweist die Forschung auf die „Feminisierung der Kirchen“ (Barbara Welter) im 19. Jhd., womit sie Frauen einen Raum für politisches Engagement boten.
Die Tagung will daher der Frage nachgehen, inwiefern Religion Frauen zum politischen Engagement motivierte – und zwar in der Zeit von der zweiten Hälfte des 19. Jhds. bis heute. So können neben christlichen und jüdischen Perspektiven auch andere wie etwa muslimische Religiosität Berücksichtigung finden oder auch die besonderen religiösen Konstellationen, die sich aus der friedlichen Revolution in der DDR und der Wiedervereinigung ergab. Der Schwerpunkt liegt auf Deutschland, doch soll der Blick durchaus international und transnational geweitet werden. Politik wird dabei als die aktive Teilnahme an dem Bemühen verstanden, das Gemeinwesen zu gestalten und gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen. Im Spannungsfeld zwischen Zivilgesellschaft, Parteien und Staat soll dabei ausdrücklich auf den diskursiv als öffentlich markierten Raum geschaut werden, der in der bürgerlichen Geschlechterordnung prinzipiell den Männern zugeschrieben wurde. Das ist umso interessanter, als feministische Theorien die Konstruktion dieser Dichotomisierung als eine Grundlage weiblicher Unterdrückung sehen und ihre Überwindung zum erklärten Ziel feministischer Politik machten, denn gerade in der Lebenswelt von Frauen lassen sich Privates und Öffentliches keineswegs klar trennen. Maßgeblich über Frauen wurde Religion zu einem Spezifikum der … weiterlesen und Quelle (Web)