Call for Papers – Workshop Utopien, Menschrechte und Geschlecht im Europa des 20. Jahrhunderts, Wien

Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien in Verbindung mit dem Freud-Museum (Wien) und der Cooper Union (New York)

Ort: Freud-Museum Wien
Zeit: 13.-16. Dezember 2007
Einreichfrist: 31. Januar 2007; Vorschläge/Proposals (1 Seite und kurzer CV)

Die europäische Geschichte des 20. Jahrhunderts war gekennzeichnet von einem bis dahin unvorstellbaren Ausmaß an Gewalt und Verfolgung – ausgelöst von sozialen Bewegungen und politischen Regimen, die sich die Verwirklichung sozialer, politischer oder „rassischer“ Utopien auf die Fahnen geschrieben hatten. Das 20. Jahrhundert brachte aber auch in einem nie zuvor da gewesenen Maß die Anerkennung des Individuums und die Artikulation von Menschenrechten, sei es als Rechte von Individuen, sei es als Rechte von nationalen, ethnischen oder kulturellen Gruppen. Sowohl die utopischen Gesellschaftsvisionen als auch die menschenrechtlichen Konzepte wurden von Vorstellungen über das Geschlechterverhältnis ebenso geformt wie sie diese gestalteten.


Im Fokus des Workshops stehen die Spannungen und Widersprüche zwischen utopischen Gesellschaftsentwürfen und menschenrechtlichen Konzepten des Individuums, zwischen Gesellschaftsutopien und Vorstellungen von Geschlechtergerechtigkeit, zwischen den Rechten und Pflichten von Individuen und Kollektiven.

Die prominenten – teils konvergierenden, teils konkurrierenden, teils gegeneinander gerichteten – sozialen Bewegungen und politischen Regime im Europa des 20. Jahrhunderts wie Faschismus, Nationalsozialismus, Kommunismus, Sozialismus, (Neo-) Liberalismus, Zionismus, Amerikanismus und laissez faire-Kapitalismus sollen nach Ähnlichkeiten und Unterschieden befragt werden:

In welcher Weise wurden Vorstellungen von individueller Selbstbestimmung mit den jeweils propagierten gesellschaftlichen Ordnungsmodellen verbunden?
Welche Rollen wurden Männern, welche Frauen zugewiesen?
Standen sie in einem egalitären oder hierarchischen Verhältnis zueinander?
Wie wurden Ideen und Ideale kollektiver und individueller Rechte vereinbart? Inwieweit waren sie geschlechteregalitär oder geschlechterdifferent konzipiert? Wie wurden sie in Normen, Gesetzen und Diskursen verankert?
In welcher Weise konstituierte sich die „Biomacht“ im Sinne Foucaults in der politischen, sozialen und kulturellen Geschichte utopistischer Bewegungen und Regime?
In welcher Weise wurden die – vielen Bewegungen und Diskursen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gemeinsamen – Reden und Praktiken der „sozialen Rationalisierung“ nach dem Zweiten Weltkrieg fortgeführt, abgebrochen oder umcodiert?
Welchen Einfluss hatten alternative Diskurse wie vor allem die Psychoanalyse auf die Konzeptualisierung des Verhältnisses von Individuum und Kollektiv bzw. von Männern und Frauen im je idealen Gesellschaftsentwurf?
Welche utopischen Denkfiguren des 20. Jahrhunderts lassen sich vice versa in der Psychoanalyse auffinden?
Wie reflektierten individuelle Akteure und Akteurinnen ihr Engagement in utopistischen sozialen Bewegungen und politischen Regimen in Memoiren, Korrespondenzen, literarischen, visuellen und anderen Dokumenten?
Welche Rolle spielt „Geschlecht“ als analytische Kategorie in der Historiographie moderner Utopien sowie der Formulierung und Institutionalisierung der Menschenrechte im 20. Jahrhundert?

Eingeladen sind Historiker/inn/en und Wissenschaftler/inn/en aus benachbarten geistes-, kultur-, sozial- und rechtswissenschaftlichen Disziplinen, die einschlägig im skizzierten Themengebiet arbeiten.
Besonders erwünscht sind Beiträge aus laufenden Forschungsprojekten von Nachwuchswissenschaftler/inn/en (Doktorand/inn/en, Post-Doktorand/inn/en).

Interessent/inn/en werden gebeten, bis zum 31. Januar 2007 Themenvorschläge (abstracts von maximal 1 Seite in deutsch oder englisch) sowie einen kurzen CV per email bei Irene Maria Leitner einzureichen.

Die Auswahl der ca. 12 bis 15 Referent/inn/en wird im Februar 2007 mitgeteilt.

Der Workshop vom 13.-16. Dezember soll der intensiven Diskussion der Einzelbeiträge dienen: Die Referent/inn/en werden ihre Papiere kurz zusammenfassen; daran wird sich ein vorbereiteter Kommentar aus dem Teilnehmerkreis anschließen. Der Workshop ist – mit Ausnahme der Vorträge der Keynote-Sprecherinnen – nicht öffentlich.

Im Anschluss an den Workshop sollen die Beiträge für die geplante Buchpublikation ausgearbeitet werden. Die Buchpublikation ist für 2009 geplant.

Reisekosten (Pauschalbeträge) für den 1. Workshop werden übernommen. Die Finanzierung eines 2. Workshops wird angestrebt.

Kontakt:

Prof. Dr. Atina Grossmann
Faculty of Humanities and Social Science, Cooper Union
51 Astor Place, New York, NY 10003-7120, USA

Prof. Dr. Carola Sachse
Institut für Zeitgeschichte
Universität Wien
Spitalgasse 2, Hof 1
1090 Wien, Österreich

Sekretariat:
Irene Maria Leitner
Institut für Zeitgeschichte
Universität Wien
Spitalgasse 2, Hof 1
1090 Wien, Österreich

Schreibe einen Kommentar