Historisches Seminar Universität Osnabrück
Zeit und Ort: 07.12.2007-07.12.2007, Osnabrück
Deadline: 30.06.2007
Der tief greifende Wandel der frühneuzeitlichen Gesellschaft im Verlaufe des 18. Jahrhunderts ließ auch das Zusammenleben in Haus und Familie nicht unberührt. Neue Erwerbsmöglichkeiten und die beschleunigte soziale Ausdifferenzierung führten zu Veränderungen in den Formen des Zusammenlebens unter einem Dach. Diese korrespondierten auf das Engste mit einer allmählich sich wandelnden Wahrnehmung häuslichen und familiären Zusammenlebens, die in den veränderten Denkrahmen der Aufklärung verhaftet sind.
Im Allgemeinen wird dieser Wandel in der eher sozialhistorisch orientierten Forschung als ein Transformationsprozess vom Primat der „Ehe“ zum Primat der „Familie“ beschrieben oder in der eher verfassungspolitisch orientierten Forschung – je nach Haltung zu dem Konzept des „ganzen Hauses“ von Otto Brunner – als eine Zeit des Übergangs vom ‚Haus’ zur ‚Familie’. Dabei wurde bisher immer die vor allem in der literarischen Produktion entstehende Leitkultur der ‚bürgerlichen Kernfamilie’ für diesen Wandel angeführt, ohne jedoch unterschiedliche Geschwindigkeiten und Dynamiken in den übrigen Ständen zu thematisieren.
So wurde etwa auch die zentrale Bedeutung des Konzeptes ‚Haus’ für die kameralistische Theorie in Verschränkung mit Ehe oder Familie bisher nicht thematisiert oder gar gedeutet (Fuhrmann 2000). Vor allem die jüngere Geschlechtergeschichte, die Kriminalitätsforschung und die Historische Anthropologie hat zu diesem Komplex viele neue Erkenntnisse gebracht, ohne jedoch die drei Konzepte der „Ehe“, des ‚Hauses’ und der ‚Familie’ gerade für die Phase der Transformation zwischen 1750 und 1820 über methodische und fachliche Grenzen hinweg zu rekonfigurieren.
Mit dem geplanten Workshop soll ein erster Schritt in diese Richtung unternommen werden, indem die Wechselbeziehungen zwischen den Konzepten der „Ehe“, des „Hauses“ und der „Familie“ in den unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten thematisiert werden sollen.
Mögliche Fragekomplexe, die den Aspekt der Geschlechterordnung immer implizieren, sind:
Semantik:
– Welchen Einfluss hat die Terminologie des römischen Rechts von „familia“ und „domus“?
– Welche Rolle spielt die aufkommende Anthropologie bei der Definition von „Familie“?
– Wie ändert sich das Sprechen über Familie und familiäre Beziehungen?
Konzepte und Normen:
– Wie verändert sich das Konzept der Ehe als soziale Kerngemeinschaft in der Theologie, in der politisch-ökonomischen Theorie, in der Philosophie des 18. Jahrhunderts? Welchen Einfluss haben die unterschiedlichen Kontexte aufeinander?
– Welche Bedeutung hat das Konzept des ‚Hauses’ für diese divergierenden Denkrahmen, wenn gerade für die bürgerlichen Familienkonzepte die häusliche Regierung, der häusliche Friede und der Hausvater als oberste Instanz zentrale Elemente sind?
– Wie werden ‚Ehe’, ‚Familie’ und ‚Haus’ im Verhältnis zu anderen unmittelbaren sozialen Gruppen gedacht wie der Verwandtschaft und der Nachbarschaft? Welche Differenzen, Parallelitäten und Brüche lassen sich feststellen?
Inszenierungen:
– In welchem Verhältnis stehen Ehe, Haus und Familie in literarischen und bildkünstlerischen Inszenierungen? Wie stehen diese in Verbindung mit rechtlichem, sozialem, ökonomischen Wandel?
Es sind Beiträge aus allen historischen Wissenschaften eingeladen, sich mit einem Abstract (max. 1 DIN A 4-Seite) für einen Vortrag von 20 Minuten bis zum 30. Juni 2007 vorzustellen.
Inken Schmidt-Voges
Historisches Seminar, Universität Osnabrück
Neuer Graben 19/21, 49069 Osnabrück
Telefon: 0541 969 4383 oder 0541 969 4898
Email: inken.schmidt-voges@uni-osnabrueck.de
CfP aus: Hsozukult: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=7267
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