Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 08: Brief von Oberst Hermann Stephani an seinen Sohn, 29. Juli 1914, Chemnitz

NL 177 Stephani Handschrift von Lili StephaniLili Stephani (geb. 1869) lebte in einer gut situierten Offiziersfamilie in Chemnitz. Ihr Vater war als kgl. Hauptmann 1870 im Deutsch-Französischen Krieg gestorben. Ihr Ehemann Hermann Stephani (geb. 1864) war Oberst, Sohn Kurt Stephani (geb. 1896) im Kadettenkorps. Im Juli 1914 hielt sich der 18-Jährige gerade an einem Urlaubsort auf, wohin ihm der Vater geschrieben hat.

Mein lieber Kurt!
Anbei zwei Karten, die hier [an die elterliche Adresse] an Dich gekommen sind. Pläne für die Zukunft lassen sich bei der politischen Spannung nicht machen. Ich erwarte stündlich die Anweisung vom Kadettenkorps Dich telegrafisch zurückzurufen, bis jetzt ist aber noch nichts da. Hier sind vom Gen. 2 Leipzig sämtl. Offz. u. […] des XIX.A.K. vom Urlaub zurückbeordert worden. Man erwartet hier stündlich den Mobilmachungsbefehl, oder sollte sich die Sache wieder im Sande verlaufen und in endlosen Konferenzen breitgetreten werden? Nun, ich bin bereit. Du hoffentlich auch um als Fähnrich in der Armee Verwendung zu finden. Mutti [Lili Stephani] ist in gelinder Aufregung, ihr Befinden bessert sich langsam, leider sehr [langsam]. Die Nachrichten über die politische Lage widersprechen sich derartig, daß es unmöglich ist sich ein auch nur annähernd klares Bild zu machen. Fürs erste heißt es Abwarten und wieder Abwarten.
Mit herzlichen Grüßen von Mutti und mir bin ich mit kriegskameradschaftlichem Gruß Dein treuer Vater.

Sammlung Frauennachlässe NL 177
Nächster Eintrag aus dem Nachlass von Familie Stephani am 7. August 2014

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Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 08, Brief von Oberst Hermann Stephani an seinen Sohn, 29. Juli 1914, SFN NL 177, unter: https://salon21.univie.ac.at/?p=17586