Augusta Carolina S. (geb. 1877) war als Tochter eines Baumeisters in Enns in Oberösterreich aufgewachsen. Ihr Nachlass enthält Tagebuchaufzeichnungen von 1898 bis 1936. 1914 lebte sie mit drei Kindern in Altlengbach in Niederösterreich, wo sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Franz S. („Papi“) ein kleines Warenhaus führte. Augusta S. erwartete ihr viertes Kind, ihr Mann wurde in den Kriegsdienst eingezogen.
1914
Es ist Krieg! – Drückend schwer lastet‘s auf den Gemütern. Willi [10 Jahre] weinte plötzlich laut auf, als er hörte daß Papi auch fort muß – die anderen Zwei verstehen noch nicht! – „ein“ Kinderl soll uns noch werden! – „Gott behüt‘ uns den Vater!“ – Ein Streifchen mit innigem Begleitwunsch legt‘ ich ihm innen in den Hut als er sich rüstete u. die kleine Marien-Medaile die ich an einem Ketterl, als Mädl um den Hals getragen hatte, gab ich ihm mit. Es ist bitter! bitter! Sorge u. Unruhe, in Gleichmut bewahren u. arbeiten! Sein Strohhut, so wie er ihn hingehängt hat, am Nagel beim Handtuch – ich laß‘ ihn dort hängen, es ist mir manchmal eine Erleichterung still hinzublicken wenn wir im Geschäfte arbeiten, der blaße, schmächtige Lehrbursche u. ich.
Im Sept. 1914.
Papi kommt noch manchmal von St. Pölten – dann drängen die Kleinen sich um ihn, wir sind für eine Weile ruhiger. Guggi [die kleine Tochter] thront wieder auf seinem Arm, wenn wir abends zum Schlafzimmer im 1. Stock wandern. Papi meint er wird noch öfter kommen können.
Sammlung Frauennachlässe NL 97
Nächster Eintrag aus dem Nachlass von Augusta Carolina S. am 27. Oktober 2014
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Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 09, Tagebuch Augusta S., August und September 1914, SFN NL 97, unter: https://salon21.univie.ac.at/?p=17594