Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 16: Tagebuch von Bernhardine Alma, 13. und 14. September 1914, Wien

Tagebuch von Bernhardine Alma, 13. September 1914Die 19jährige Bernhardine Alma (geb. 1895) lebte mit ihren Eltern und drei Geschwistern im Wiener Bezirk Landstraße. Der Vater hatte eine leitende Position bei der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft inne. Seit Kriegsbeginn verfolgte die junge Frau den Plan, sich als Kriegskrankenschwester zu melden. Konkrete Schritte dazu hatte sie noch nicht gesetzt – das Vorhaben scheiterte bislang am Verbot durch die Eltern.

13. September 1914. Sonntag, abends.
In Lemberg haben wir 1000 Russen und mehrere Geschütze errungen. Nun muß ja bald die Entscheidung kommen. Die Entscheidung – Sieg – Frieden! – Das Leben wäre so schön! Das ist das Böse am Leben, daß es uns so gerne zeigt, wie schön es sein könnte! – Ich hoffe jetzt wieder insofern zu Verwundeten zu kommen, daß ich wo hin komme, wo sie privat Verwundete haben, z.B. /hat/ eine Dame einen Teil ihrer Wohnung zur Verfügung gestellt oder so etwas – auf die Art. Ich hoffe es so sehr! „Was man nicht aufgibt, hat man nicht verloren!“ Heute war Mamas Onkel Rudolf da. Papa vertragt sich mit ihm, weil er sich fürn Krieg interessiert. Der Papst will Frieden machen, was sich gehört. In Italien könnten so leicht die Friedensverhandlungen sein. Ich will zu Verwundeten! – In der Kirche machen die brennenden Altarkerzen so einen traulichen, friedlichen Eindruck! Wann ich zu Verwundeten kommen werde? – Es gehen Winterstürme und draußen weht der Wind ganz scharf. Momentan vielleicht gerade nicht. In schwerer Zeit habe ich so eine Vorliebe für Goethe’sche Gedichte! Was wird die kommende Woche bringen? –

14. September 1914. Montag, abends
Ich möchte so gerne, daß schon Frieden ist! Das wäre so schön! – Aber ich will so, so, so gerne zu Verwundeten! Das ist doch sicher nicht zu viel verlangt. Ich würde diese meine liebe Pflicht dann so genau, so gerne erfüllen – ich würde vor nichts zurückschrecken, ich würde alles tun. Was zur Pflege gehört. – – – Wann wird es mir möglich sein? Für zuhause [den Haushalt] tu ich sehr, sehr viel; aber das genügt mir so gar nicht. […] – Ich will, daß Frieden ist! –

Sammlung Frauennachlässe NL 09
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  • Zum Tagebuch von Bernhardine Alma im Ersten Weltkrieg siehe auch: Ulrike Seiss, “… ich will keinen Krieg oder als Krankenschwester mit!” Selbstinszenierungen, Kriegsrezeption und Männlichkeitsbilder im Tagebuch einer jungen Frau im Ersten Weltkrieg, Wien, Diplomarbeit, 2002 sowie weiters https://ww1.habsburger.net/de.

Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 16, Tagebuch von Bernhardine Alma, 13. und 14. September 1914, SFN NL 09, unter: https://salon21.univie.ac.at/?p=18012