Klicktipp: Kirsten Heinsohn und Claudia Kemper: Geschlechtergeschichte (Essay)

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Geschlechtergeschichte
Kirsten Heinsohn und Claudia Kemper

„Geschlecht, so die These des Beitrags von Kirsten Heinsohn und Claudia Kemper im Anschluss an die Forschung, ist keine geschlossene oder gar ausdiskutierte Kategorie. Vielmehr ist das, was unter Geschlecht verstanden wird, ein fortlaufender Aushandlungsprozess, der insbesondere im Hinblick auf seine strukturgebenden und situativen Bedeutungen zu historisieren ist. Die Autorinnen skizzieren das Forschungsfeld „Geschlechtergeschichte“, stellen zentrale theoretische Überlegungen vor und entwickeln schließlich Perspektiven für eine geschlechterhistorisch erweiterte Zeitgeschichte.

Das Geschlecht gilt als ein grundlegendes „natürliches” Identitätsmerkmal jedes Menschen.[1] Von Geburt an – manchmal auch schon davor – werden wir einer von zwei Kategorien zugeordnet: männlich oder weiblich.[2] Diese primäre Zuordnung konstituiert dann laufend und meist unhinterfragt eine zentrale Achse gesellschaftlicher Ordnung, die sich historisch aber durchaus variabel präsentieren kann. Die im 19. Jahrhundert gefestigte europäisch-bürgerliche Ordnung der Geschlechter wird seit den 1960er-Jahren im Zuge einer kritischen Überprüfung von Ordnungskategorien moderner Gesellschaften zur Diskussion gestellt. Etwa seit den 1980er-Jahren wenden einige Historiker/innen die Fragestellungen und Erkenntnisse dieser Debatte auch auf historische Themen an.
Gemessen an der Anzahl von Einführungs- oder Überblickstexten scheint die Geschlechtergeschichte inzwischen eine etablierte Perspektive der Geschichtswissenschaft zu sein.[3] Insbesondere in den USA entwickelte sich seit den 1960er- und 1970er-Jahren zunächst die Frauen-, seit den 1980er-Jahren dann die Geschlechtergeschichte zu einem historischen Forschungsfeld, das eine grundlegende Perspektive jeder kritischen Gesellschaftsanalyse darstellt.[4] Dort, wie auch wenig später in Europa, konstituierte sich die Frauen- und Geschlechtergeschichte in enger Wechselwirkung mit gesellschaftlichen Aufbrüchen und Wandlungsprozessen, vor allem im Kontext einer neuen Welle der Frauenbewegung, der feministischen Diskussion und der sozialen Öffnung der Universitäten. Jedoch institutionalisierte sich die Bewegung in den USA weitaus besser als in Europa. Schon in den 1980er-Jahren setzte sich die Frauengeschichte an den historischen Fakultäten durch[5] und konnte sich als anerkanntes Spezialgebiet in der US-amerikanischen Geschichtswissenschaft etablieren.
In der europäischen, insbesondere in der bundesdeutschen Forschungslandschaft sieht dies etwas anders aus.“ Weiterlesen … (Web)

Zitation: Kirsten Heinsohn, Claudia Kemper, Geschlechtergeschichte, Version: 1.0, in: Docupedia-Zeitgeschichte (04.12.2012),
http://docupedia.de/zg/heinsohn_kemper_geschlechtergeschichte_v1_de_2012, DOI: http://dx.doi.org/10.14765/zzf.dok.2.254.v1