Bernhardine Alma (geb. 1895) lebte in Wien. In ihrem außergewöhnlich umfangreichen Tagebuch dokumentierte die 19-Jährige detailliert die bürgerlich-katholische Gesellschaft, in der sie sich bewegte. In einem Eintrag von September 1914 deutet sie die Möglichkeit an, dass verwundete Soldaten privat in Wohnungen gepflegt werden könnten. Die zweitälteste Schwester Sigrid (geb. 1891) scheint ihrerseits (möglicherweise) in die Erwerbsarbeit eingetreten zu sein.
15. September 1914. Dienstag, abends.
Es ist schrecklich zu denken, wie viele da sterben und bluten müssen, ich glaube, daß ich den Gedanken nicht ganz erfasst habe, sonst könnte ich nicht so ruhig sein. Die Menschen sind sicher in mancher Hinsicht mit Stumpfheit geschlagen – vielleicht zu ihrem Glück! – Und doch – der Tod ist das Los des Menschen. Die im Krieg sterben, sterben wenigstens schön und verkaufen ihre Leben teuer, nicht wie so viele, die es gänzlich unnütz hingeben. Jedem schlägt seine Stunde! Glücklich die, die mit einer Begeisterung wie Theodor Körner in den Tod gehen! Was ist der Tod und was das Leben! – Wie man am Leben hängen kann, wenn man sieht, was das für vergängliches Gut ist! – Sigrid [die ältere Schwester, geb. 1891] geht seit heute wieder regelmäßig zum Dr. K. [möglicherweise als Dienstnehmerin für eine nicht zu klärende Tätigkeit; sie war später als Magistratsbeamtin angestellt]; Marius‘ [der jüngere Bruder, geb. 1902] Schule fängt bald an – alles geht seinen alten Gang „und draußen ist Krieg!“ – Vielleicht muß Mama Verwundete hernehmen.
Für meine Person wäre mir das ja so recht! – Ich hoffe, daß ich doch noch zu Verwundeten kommen werde; ich hoffe das so sehr! – – Heute regnet es. Sigrid hat mir einen reizenden schwarzen Schleicher (?) gekauft. „Das Leben ist nur ein Moment“ sagt Schillers Tortina. – – Mir kommen so ernste Gedanken! In deine Hände, Vater Sei Anfang und Ende, Sei alles gelegt! Dein Wille geschehe! Continue reading