Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 46: Liebesgaben-/Feldpostkorrespondenz der Volksschülerin Ella Reichel mit dem Fähnrich Emanuel B., 22. Juni bis 3. August 1915, Neulengbach, Lukow/Polen u.a.

NL 38 Emanuel Binder 1915 06 22 Ella Reichel ohne DatumElla Reichel (geb. 1905) wuchs in Neulengbach im Wiener Wald auf, die Eltern besaßen eine Eisenhandlung am Hauptplatz. Seit April 1915 führte die 10jährige eine ‚Liebesgaben‘-Korrespondenz mit Emanuel B. Der aus Sibiu/Hermannstadt gebürtige junge Mann unterschrieb seit Mai 1915 als Fähnrich. Der Briefkontakt war von der Volkschule initiiert wurden, beide waren sich persönlich nicht bekannten.

Brief, wahrscheinlich Entwurf, geschrieben auf eine Seite eines Schulheftes (nicht abgeschickt, ohne Kuvert, ohne Datum) von Gabriele Reichel an Emanuel B.

Lieber Herr B.!
Unendlich freut mich Ihr lieber Brief und noch mehr Ihr die Blümchen. Ich werde die Blumen auch einrahmen lassen. Ein ansehnlicher Schatz von Karten von Ihnen ist schon beisammen, alles wird gut aufbewahrt. Lieber Herr B. es geht wirklich nicht daß ich du sage zu Ihnen, den meine Eltern sind sehr strenge, doch sagen Sie immerhin zu mir kleinen Mädl du, es würde mich sehr freuen. Sie fragen mich was ich den ganzen Tag mache? Nun manchmal wir mir wohl die Zeit lang, aber meistens tu ich lesen und drausen rumspringen. Am 15. Juli werden die Schulen aus. Leider kann ich Ihnen nicht schreiben wie mein Zeugnis ist, weil ich nicht in die Schule gehe. Voriges Jahr habe ich nämlich beiderseitige Lungenentzündung gehabt, da bin ich halt jetzt noch blutarm und vertrage die Schulluft nicht. {Habe ein Jahr Urlaub} Baden gehe ich deswegen doch schon. Wo liegt denn Ihre liebe Heimat? Bitte {Haben sie noch liebe Eltern?} Haben Sie meine Fotografie mit dem Brief erhalten? Bitte schreiben Sie noch recht oft und seien Sie herzlichst gegrüßt von Ella Reichel.

Feldpostkarte, 22. Juni 1915

22/VI. 915.
Habe deinen herzigen Brief dankend erhalten. Danke dir recht schön für die herzigen Blümchen, die werden mit nachhause genommen und dort versorgt. Dein kleines Bild habe ich ja schon lange bekommen u ich glaube auch schon bedankt, wenn nicht so verzeihe und danke dir vielmals dafür. Sei recht herzlich gegrüßt. Handkuß an deine liebe Mama. B.fhn

Feldpostkarte, 18. Juli 1915

18/VII. 915.
Deine liebe Karte habe ich eben jetzt erhalten um 1/2 3 in der Nacht, es freut mich sehr daß ich so oft Nachricht erhalte. Recht herzlich grüße ich alle Unterschriebenen B.fhn

Feldpostkarte , 26. Juli 1915

26/VII. 915
Liebe kleine Ella, deine Karte habe ich eben heute dankend erhalte. Ich habe mich in Lukow abphotographieren lassen, u er hat die Bilder noch immer nicht geschickt Habe nur ein Bild von mir wo ich noch Kadett Asp. bin. Wenn du willst so kann ich dir dieses schicken. Sei recht herzlichst gegrüßt, ebenso auch Anna Reichel [Ella Reichels Mutter]. Gruß B.fhn

Feldpostkarte, 29. Juli 1915

29/VII. 915
Liebe kleine Ella, habe heute Deine Karte mit großer Freude erhalten, es ist sehr schön von Dir, daß du so oft an mich denkst. Ist vielleicht Anna Reichel deine liebe Mama, schöne Grüße u Handkuß an Sie. Sonst geht es mir gut, bist du jetzt ganz gesund Sei recht herzlichst gegrüßt von B.fhn

Feldpostkarte , 03. August 1915

3/VIII 915
Liebe kleine Ella, schreibe dir diese Karte eben nach einem großen Gefecht, der Feind gänzlich geschlagen, haben sehr viel Beute u Gefangene. Wie geht es noch, bist du jetzt ganz gesund. Sei recht herzlich gegrüßt von deinem B.fhn kleinen Gruß auch an die Frau Mama.

Sammlung Frauennachlässe NL 38
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Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 46: Brief von Ella Reichel an Emanuel B. bzw. Feldpost von Emanuel B. an Ella Reichel, Datum, SFN NL 38, unter: URL