Ella Reichel (geb. 1905) besuchte die Volksschule in Neulengbach. Ihre Eltern führten hier am Hauptplatz eine Eisenwarenhandlung. Seit April 1915 korrespondierte sie regelmäßig mit dem jungen Fähnrich Emanuel B., der seiner 10jährigen Brieffreundin indirekt von der Situation als Mannschaftssoldat, die er als „sehr harte Schule“ bezeichnet, und seiner Beteiligung an Kampfhandlungen berichtete. Im September 1915 sendete er auch eine Porträtfotografie. Der Postkontakt war über eine Liebesgabenaktion der Schule hergestellt worden.
Feldpostkarte 17. August 1915
17/VIII 915.
Liebe kleine Ella, du wirst dich sicherlich wundern, daß ich so lange Zeit nicht geschrieben habe. ja daß war eben die schweren Tage die wir eben gehabt haben, wir stehen heute vor dem Bug [Grenzfluss zwischen Polen und der Ukraine bzw. Weißrussland]. Was daß ist ein Erfolg von der Weichsel bis zum Bug in 8 Tagen. Sei recht herzlich gegrüßt u deine liebe Mama von deinem Krieger B.fhn
Feldpostkarte 1. September 1915
Russland I/IX 915.
Liebe kleine Ella, habe wieder ein bischen Zeit u schreibe dir eine Karte. Bitte schreibe mir doch wer die Anna Reichel [Ella Reichels Mutter] ist. Wie geht es dir fangen die Schulen bald an? Ich bin wohl auf, und sende dir aus der Ferne ebenso auch der Anna Reichel recht herzliche Grüße B.fhn
Feldpostkarte, 16. September 1915
16/IX 1915.
Liebe kleine Ella, endtlich nach langer Zeit komme ich wieder dazu, dir einige Zeilen zu schreiben. Also daß Bild, werde ich dir kleine Ella jetzt schicken. Es grüßt dich recht vielmals dein B.fhn
Brief mit Kuvert (Poststempel 26.9.15., Kattowitz), 21. September 1915
21/IX 1915.
Liebe kleine Ella. Mit heutigem Brief sende ich dir, auch meine Photographie mit, auf die du so lange Zeit hindurch gewartet hast. Du sollst dich aber gar nicht erschrecken was für ein garstiger Fähnrich mit dir bis jetzt korrespondiert hat. Also laß dein Urteil einmal über mich fallen.
Also jetzt geht es wieder lohs, vom frischen in die Schuhle. Wir haben hier eine sehr harte Schule, besonders aber daß Wetter, es ist hier schon sehr kalt, wo Ihr vielleicht zuhause noch ganz Herbst mäßig herumgeht. Bei uns ist jetzt auf ein paar Tage wieder Ruhe, aber nur einige Tage, denn jetzt werden wir auch im Winter fest gegen unseren Feind kämpfen. Uns wird es gewiß nicht so gehen wie dem Napoleon, den so stellen sich die Russen dieses vor.
Sonst wie geht es dir noch kleine Ella? Was macht deine liebe Mama recht schönen Gruß an Sie. Deine Zigaretten habe ich leider bis heute, noch nicht erhalten. Na vielleicht kommen Sie ja noch an. Sei recht herzlichst gegrüßt, u schreibe nur recht oft, aber dann darfst du deine Aufgaben nicht versäumen Nochmals schönen Gruß an dich u Handkuß an deine liebe Mama
von deinem Fähnrich B.fhn
Fotografie mit rückseitiger Widmung: Zur freundlichen Erinnerung aus dem Felde sende ich dir dieses Bild. 21/IX. 915. B.fhn
Feldpostkarte, 09. November 1915
9/XI 1915.
Liebe kleine Ella! Du wirst ganz sicherlich staunen daß ich dir so lange nicht geschrieben habe aber ich war ein wenig auf Urlaub. Wie geht es dir noch und deiner lieben Mama. Recht herzliche Grüße sende ich an euch dein B.fhn
Postkarte (Poststempel 22.10.1915., Hermannstadt), 22. Oktober 1915
21/X -915.
Recht herzliche Grüße sende ich dir u auch deiner lieben Mama aus meinem Heimatsort
B.fhn Hermannstadt
Sammlung Frauennachlässe NL 38
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Die Verwendung der Namen der Schreiber/innen und ihrer Familien folgt den vertraglichen Vereinbarungen der Sammlung Frauennachlässe mit den Übergeber/innen. In den Dokumenten genannte Namen dritter Personen werden aus Datenschutzgründen anonymisiert
- Zur Feldpost/Liebesgaben-Korrespondenz von Ella Reichel aus dem Ersten Weltkrieg siehe auch http://ww1.habsburger.net/de/
Zitation dieses Beitrages: Der Erste Weltkrieg in Selbstzeugnissen – Auszüge aus Beständen der Sammlung Frauennachlässe Nr. 53: Feldpost von Emanuel B. an Ella Reichel, Datum, SFN NL 38, unter: URL